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V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie

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III.2 Staub im Computer: Numerisches zur Entstehung von Planeten<br />

Teleskope sind das klassische Arbeitsmittel der Astro-<br />

nomen. Doch man kann nicht alle Vorgänge am Himmel<br />

durch Beobachtung alleine verstehen. Wichtige Prozesse,<br />

wie zum Beispiel die Entstehung von Planeten aus<br />

der Zusammenlagerung mikroskopischer Staubkörner,<br />

verschließen sich der direkten Beobachtung. Hier kommen<br />

Computersimulationen ins Spiel, die von ihren<br />

Entwicklern auch gerne »numerische Teleskope« genannt<br />

werden. Am <strong>Max</strong>-<strong>Planck</strong>-<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Astronomie</strong><br />

in Heidelberg werden eine Vielzahl solcher Werkzeuge<br />

entwickelt <strong>und</strong> erfolgreich bei der Planung <strong>und</strong> Interpretation<br />

von Beobachtungen auf dem Gebiet der<br />

Planetenentstehung eingesetzt.<br />

<strong>Astronomie</strong> am Teleskop <strong>und</strong> am Computer<br />

Die Untersuchung des Prozesses der Sternentstehung<br />

war einer der Schwerpunkte der astrophysikalischen For-<br />

schung der letzten zwanzig Jahre. Im Fall sehr massereicher<br />

Sterne mit Massen oberhalb von zehn Sonnenmassen<br />

sind noch viele Fragen unbeantwortet. Dies liegt vor<br />

allem an der relativen Seltenheit <strong>und</strong> der kurzen Dauer<br />

ihrer Entstehung, was ihre Beobachtbarkeit stark einschränkt.<br />

Für die viel häufigeren Sterne mittlerer <strong>und</strong><br />

geringer Masse ist inzwischen jedoch ein sehr gutes<br />

Verständnis der wichtigsten Prozesse der Sternentstehung<br />

erreicht worden. Sterne dieses Massenbereiches sind vor<br />

allem deshalb von herausragender Bedeutung, da sich<br />

an ihnen beispielhaft die Entwicklung unseres eigenen<br />

Sonnensystems <strong>und</strong> damit die Entstehung von Planeten<br />

wie Jupiter, aber auch die unseres Heimatplaneten Erde<br />

studieren lässt.<br />

<strong>Astronomie</strong> umfasst immer zwei Teilbereiche, welche<br />

Hand in Hand gehen müssen. Einerseits muss der beobachtende<br />

Astronom Sterne <strong>und</strong> andere kosmische<br />

Objekte in ihren Strahlungserscheinungen vermessen. An-<br />

dererseits muss der theoretische Astrophysiker diese Beobachtungen<br />

mit auf der Erde experimentell bestimmten<br />

Naturgesetzen zu erklären suchen. Schon Mitte des letzten<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts zeigte sich, dass sich beispielsweise die<br />

Entwicklung eines Sterns nicht als Ergebnis einer einfachen<br />

Gleichung niederschreiben lässt. Aufwendige numerische<br />

Simulationen auf den damaligen noch mit Röh-<br />

ren bewaffneten Großrechnern waren notwendig <strong>und</strong> man<br />

freute sich als man es schaffte, die verschiedenen Ent-<br />

wicklungsstadien von Sternen im Computer mit den Beobachtungen<br />

von echten Sternen in Übereinstimmung zu<br />

bringen. Alles, was wir heute über Masse, Zusammensetzung<br />

<strong>und</strong> Alter eines Sterns wissen, stammt aus solchen<br />

ausgefeilten numerischen Experimenten.<br />

Die Entdeckung des ersten extrasolaren Planeten bei<br />

einem sonnenähnlichen Stern mit dem Namen 51 Pegasi<br />

im Jahre 1995 war ein echter Schock <strong>für</strong> die Theoretiker.<br />

Was man damals fand, war ein Gasriese von der Größe<br />

Jupiters auf einer Umlaufbahn näher am Zentralstern,<br />

als Merkur an der Sonne! Hatte man bis dato die Modelle<br />

zur Planetenentstehung an den Gegebenheiten in<br />

unserem Heimatsystem ausgerichtet, so musste man nun<br />

umdenken. Bei uns befinden sich die erdähnlichen Planeten<br />

auf niedrigen Umlaufbahnen, <strong>und</strong> die Gasriesen<br />

wie Jupiter <strong>und</strong> Saturn umlaufen die Sonne weit draußen<br />

in großer Entfernung. Dies erschien natürlich, da es wäh-<br />

rend der Planetenentstehung nah an der Sonne stets<br />

wärmer war als weiter außen. Jupiter, welcher fünfmal<br />

so weit von der Sonne entfernt ist wie die Erde, befindet<br />

sich jenseits der sogenannten »Schneegrenze«. Das ist<br />

die Entfernung von der Sonne, ab der das Gas <strong>und</strong> der<br />

Staub, aus dem die Planeten entstehen, so kalt sind, dass<br />

Moleküle wie zum Beispiel Wasser ausfrieren können,<br />

wodurch sich die zur Verfügung stehende Materialmenge<br />

zur Entstehung von Jupiter beträchtlich erhöht. Die<br />

Beobachtungsfakten, also die kleinen Planeten Venus,<br />

Erde <strong>und</strong> Mars innen <strong>und</strong> die weit massereicheren Planeten<br />

Jupiter, Saturn <strong>und</strong> die Eisplaneten Uranus <strong>und</strong><br />

Neptun weit außen, wurden als allgemein gültig angesehen<br />

<strong>und</strong> waren Gr<strong>und</strong>lage aller Erklärungsversuche von<br />

Kant <strong>und</strong> Laplace über Weizsäcker <strong>und</strong> Savronov bis hin<br />

zu den modernen, auf detaillierten Computersimulationen<br />

beruhenden Modellen der letzten Jahre von Pollack <strong>und</strong><br />

Boss. In all diesen Modellen geht man davon aus, dass<br />

die junge Sonne einst von einem Gas- <strong>und</strong> Staubgemisch<br />

umgeben war, welches ähnlich den Saturnringen in einer<br />

flachen Scheibe um den Stern verteilt war. Ausdehnung<br />

<strong>und</strong> Umlaufgeschwindigkeiten entsprechen dabei dem<br />

heutigen Sonnensystem. Die Modelle unterscheiden sich<br />

lediglich darin, wie die Planeten im Einzelnen aus diesem<br />

Urnebel auskondensierten.<br />

Was nun den meisten Theoretikern seit der Entdeckung<br />

von 51 Pegasi b immense Kopfschmerzen breitet, nämlich<br />

zu erklären, warum es massereiche Gasriesen auf niedrigen<br />

Umlaufbahnen, so genannte »Heiße Jupiter«, geben<br />

kann, war <strong>für</strong> zumindest einige wenige Forscher eine große<br />

Freude. Hatten sie doch schon in den 80er Jahren eine radiale<br />

Wanderung von jungen Planeten proklamiert. Diese<br />

Wanderung resultiert aus der Wirkung der Schwerkraft<br />

des Planeten auf die Gas- <strong>und</strong> Staubscheibe sowie auf der<br />

entsprechenden Rückwirkung auf den Planeten. Dieser<br />

Theorie wurde zunächst wenig Beachtung geschenkt, da<br />

man ja in unserem Planetensystem keinerlei Hinweise<br />

auf eine solche Wanderung fand. Unsere Planeten scheinen<br />

sich alle da zu befinden, wo sie auch einst entstan-<br />

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