V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie
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Stoßwellen in der Gaskomponente, Rückkopplung von<br />
Sternentstehung oder Supernovaexplosionen. Andererseits<br />
erlauben sie auch dank der heute mit modernen<br />
Millimeter-Interferometern erreichbaren hohen räumlichen<br />
Auflösung direkte Tests der von den Modellen<br />
gemachten Vorhersagen. Im Folgenden stellen wir einige<br />
Beispiele vor, die ein Schlaglicht auf die in den letzten<br />
Jahren erzielten Fortschritte werfen.<br />
Sind Doppelbalken der Schlüssel zum Verständnis?<br />
Der Fall NGC 4303<br />
NGC 4303 (M 61) beherbergt einen großräumigen<br />
Balken von etwa 3.1 kpc Länge, der innerhalb der auffälligen<br />
Spiralarme liegt. Zusätzlich zu diesen großräumigen<br />
Balken wurde im nahen Infrarotbereich ein zweiter,<br />
innerer Balken von etwa 300 pc Länge entdeckt. Er ist<br />
von einem etwa 0.5 kpc großen, den Kern umgebenden<br />
Ring oder einer Spirale umschlossen, in dem ausbruchartig<br />
vermehrte Sternentstehung stattfindet. UV-Bilder des<br />
HST konnten mehrere kompakte Sternentstehungsgebiete<br />
in diesem »Starburst«-Ring auflösen.<br />
Die vorhergehende Untersuchung der Strömung<br />
des molekularen Gases im Kern der Doppelbalken-<br />
Galaxie NGC 4303 durch Schinnerer et al. bei hoher<br />
Winkelauflösung (~ 2 Bogensek<strong>und</strong>en) ermöglichte es,<br />
die vorhergesagten Gasströmungen in diesem Galaxientyp<br />
zu überprüfen. Die nachgewiesene Strahlung zeichnet<br />
zwei geradlinige Bänder nach, in denen starke Einström-<br />
bewegungen von bis zu 90 km/s beobachtet werden, ähnlich<br />
wie jene, die von Modellen <strong>für</strong> Galaxien mit starken<br />
großräumigen Einzelbalken vorhergesagt werden. Im<br />
inneren Kiloparsec-Bereich beginnen die Gasbänder<br />
sich zu einer Spiralstruktur zu winden, die im südlichen<br />
Spiralarm verzerrt ist. Detaillierte Vergleiche zwischen<br />
den hochaufgelösten Modellen der Gasströmung<br />
in Einzel- <strong>und</strong> Doppelbalkengalaxien <strong>und</strong> der CO-<br />
Strahlung aus dem inneren Kiloparsec-Bereich von<br />
NGC 4303 zeigen, dass die beobachtete Spiralstruktur<br />
durch einen Einzelbalken ausreichend gut erklärt werden<br />
kann (siehe Abb. III.4.3). Die Spiralstruktur ist jedoch<br />
auch mit einem Doppelbalkenmodell vereinbar, passt<br />
man dieses an das große Balkenlängenverhältnis (~15)<br />
an. Da sich der Großteil des molekularen Gases in den<br />
Gasbändern befindet <strong>und</strong> nicht in einem Kernring, dessen<br />
Bildung man sowohl im Einzelbalken- als auch im<br />
Doppelbalkenszenario erwartet, scheint es gut möglich,<br />
dass das um den Kern befindliche molekulare Gas wahrscheinlich<br />
erst gerade dabei ist, sich in der typischen<br />
ringförmigen Konfiguration niederzulassen.<br />
Die Untersuchung von NGC 4303 hat gezeigt, dass<br />
die gesamte Gasströmung in einer Doppelbalkengalaxie<br />
mit derzeitigen dynamischen Modellen bereits erklärt<br />
werden kann – wenn auch nicht eindeutig. Die beobachtete<br />
Asymmetrie in der Gasverteilung der Galaxie ist<br />
jedoch nicht so einfach durch derzeit verfügbare Modelle<br />
III.4 Brennstoff <strong>für</strong> die zentrale Kiloparsec-Region oder: Wie aktiviert man Galaxiezentren? 71<br />
Abb. III.4.3. Vergleich der Modellvorhersagen <strong>für</strong> die Gasverteilung<br />
in einer Galaxie mit einem Einzelbalken (links, mit<br />
fre<strong>und</strong>licher Genehmigung von P. Englmaier) mit der beobachteten<br />
Verteilung des molekularen Gases in der Doppelbalkenspiralgalaxie<br />
NGC 4303 (rechts). Die Ähnlichkeit zwischen<br />
dem Modell <strong>und</strong> der beobachteten Verteilung der Strahlung in<br />
der 12 CO (1–0)-Linie ist frappierend <strong>und</strong> deutet darauf hin,<br />
dass die Kinematik des Gases selbst nahe am Zentrum von<br />
dem großräumigen Balken beherrscht wird. Der zweite, innere<br />
Balken in NGC 4303 ist klein im Vergleich zum äußeren<br />
Balken <strong>und</strong> passt ausgezeichnet in die Kernspiralarme. Bei der<br />
in unseren Daten erzielten Auflösung von 2 Bogensek<strong>und</strong>en ist<br />
kein deutlicher Effekt des Kernbalkens auf die Kinematik des<br />
Kerngases erkennbar.<br />
erklärbar, <strong>und</strong> der Einfluss von Sternentstehung auf das<br />
molekulare Gas in der zentralen Kiloparsec-Region erfordert<br />
weitere Untersuchungen. Auf jeden Fall sind Beob-<br />
achtungen weiterer Quellen unbedingt erforderlich, um<br />
festzustellen, ob NGC 4303 wirklich typisch <strong>für</strong> alle<br />
Doppelbalkengalaxien ist.<br />
Speisung des Sternhaufens im Kern der späten<br />
Spiralgalaxien IC 342 <strong>und</strong> NGC 6946?<br />
Es ist sehr wichtig, den Einspeisungsmechanismus<br />
von Sternhaufen im unmittelbaren Zentrum von Spiralgalaxien<br />
zu verstehen. Spiralgalaxien späten Typs sind ide-