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V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie

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44 III. Wissenschaftliche Arbeiten<br />

Brauner Zwerge auf diese Weise zu bilden (da derartig<br />

schwach geb<strong>und</strong>ene Systeme beim Ausschleudern eher<br />

auseinandergerissen würden).<br />

Um dies zu überprüfen, wurden mit Hilfe der N-Körper-<br />

Simulationen die Dichteprofile <strong>und</strong> die Lebensdauer von<br />

Scheiben um Braune Zwerge vorhergesagt. Die Frage ist,<br />

ob man sehr enge BZ-Doppelsterne durch Ausstoßung<br />

bilden <strong>und</strong> doch genügend große Scheiben um die einzelnen<br />

ausgestoßenen Braune Zwerge zurückbehalten kann,<br />

um sie in einem typischen Alter von 1–5 Millionen Jahren<br />

beobachten zu können. Die Simulationen haben ergeben,<br />

dass die Scheiben direkt nach einer nahen Begegnung (die<br />

zur Ausstoßung führt) stark gestutzt sind <strong>und</strong> ihre Größe<br />

sehr gering ist, meistens unter 5 AE. Außerdem liegen die<br />

Scheibenmassen gewöhnlich unter einer Jupitermasse.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der allgemein niedrigen Akkretionsraten von<br />

BZ-Scheiben sollten jedoch mindestens 12 % dieser<br />

Scheiben sehr geringer Masse länger als 1 Million Jahre<br />

überleben. Daher sollte der Anteil der Braunen Zwerge<br />

mit Scheiben unter den jüngsten BZ zwar gering aber<br />

nicht vernachlässigbar sein; überdies sollte er größer sein,<br />

wenn sich weite BZ-Doppelsysteme bilden können. Diese<br />

Vorhersage kann durch Beobachtungen überprüft werden.<br />

Zusätzlich zu den Eigenschaften der Scheiben <strong>und</strong><br />

der Doppelstern-Statistik kann man Hinweise auf das<br />

Ausstoßungs-Szenarium auch durch die Beobachtung<br />

des kinematischen Verhaltens von Braunen Zwergen in<br />

jungen Assoziationen <strong>und</strong> Sternentstehungsgebieten erhalten.<br />

Wenn das Ausstoßungs-Szenarium den wichtigsten<br />

Entstehungsmechanismus darstellt, würden wir auch erwarten,<br />

dass man Braune Zwerge in der Nähe massearmer<br />

Protosterne (so genannter Objekte der Klasse 0) beobachtet.<br />

Scheiben um Braune Zwerge<br />

Einen Hinweis auf die Natur <strong>und</strong> die Entstehung von<br />

Braunen Zwergen könnte die offenbare Ähnlichkeit junger<br />

Brauner Zwerge mit klassischen T-Tauri-Sternen (die<br />

Vorhauptreihenphase massearmer Sterne) liefern. Jüngste<br />

spektroskopische Durchmusterungen weisen darauf hin,<br />

dass junge Braune Zwerge bis hinab zu Massen nahe der<br />

Grenze <strong>für</strong> Deuteriumbrennen (13 M Jupiter ) T-Tauri-ähnliche<br />

Scheibenakkretion zeigen, wobei Strahlung in der<br />

Ha-Linie als Indikator <strong>für</strong> Akkretion dient. Allgemein<br />

scheint die Akkretionsrate sehr rasch mit der Masse<br />

abzufallen (die Akkretionsrate ist in etwa proportional<br />

zu M 2 ) <strong>und</strong> mit dem Alter deutlich abzunehmen. Die gemessenen<br />

Akkretionsraten betragen manchmal nur 10 –12<br />

M Sonne /Jahr. Die Tatsache, dass es über die Massengrenze<br />

<strong>für</strong> Wasserstoffbrennen hinweg keine Diskontinuität<br />

in der Beziehung zwischen den Akkretionsraten <strong>und</strong><br />

Masse gibt, deutet auf einen gemeinsamen Scheiben-<br />

Akkretionsprozess <strong>für</strong> Braune Zwerge <strong>und</strong> klassische<br />

T-Tauri-Sterne hin, bei dem möglicherweise auch<br />

Magnetfelder eine entscheidende Rolle spielen.<br />

Der nächste Schritt ist, nach direkten Anzeichen <strong>für</strong><br />

Scheiben um Braune Zwerge zu suchen <strong>und</strong> ihre Massen<br />

zu bestimmen. Wie bei den T-Tauri-Sternen hat man<br />

erste Hinweise auf Scheiben um Braune Zwerge bei<br />

Durchmusterungen im nahen Infarot erhalten, die einen<br />

Strahlungsüberschuss über das erwartete photosphärische<br />

Niveau hinaus anzeigen. Ein noch besserer Indikator ist<br />

erhöhte Emission bei Wellenlängen um 10 mm, erzeugt<br />

durch warmen zirkumstellaren Staub. Der erste Nachweis<br />

von Braunen Zwergen bei diesen Wellenlängen geschah<br />

durch ISOCAM-Breitbandbeobachtungen in den Sternentstehungsgebieten<br />

Chamaeleon I <strong>und</strong> Rho Ophiuchi, die<br />

mit dem Infrared Space Observatory durchgeführt wurden.<br />

Zusammen mit unseren früheren Studenten Daniel<br />

Apai <strong>und</strong> Ilaria Pascucci (jetzt an der University of<br />

Arizona) sowie Michael Sterzik von der ESO haben wir<br />

mit Hilfe bodengeb<strong>und</strong>ener Teleskope nach der Strahlung<br />

Brauner Zwerge im mittleren Infrarotbereich gesucht, insbesondere<br />

nach der charakteristischen Emissionsbande<br />

von Silikaten bei 10 mm. Diese Bande hat ein enormes<br />

analytisches Potential, da sie sowohl die optische Tiefe<br />

des emittierenden Materials als auch die Größe der<br />

Staubkörner anzeigt. Im Falle des jungen BZ-Kandidaten<br />

Cha Ha 2 fanden wir einen klaren Hinweis auf thermische<br />

Staubemission. Überraschenderweise zeigt das<br />

Objekt keinerlei Silikat-Emissionsbande, was entweder<br />

auf eine ziemlich flache Scheibengeometrie oder auf<br />

beachtliches Staubwachstum hindeutet. Im Falle des<br />

jungen (etwa 1 Million Jahre alten), sicher identifizierten<br />

Braunen Zwergs CFHT-BD-Tau 4 hatten wir mehr<br />

Glück. Mit Hilfe des T-ReCs-Instruments am Gemini-<br />

Süd-8-m-Teleskop gelang es uns, die charakteristische<br />

Silikat-Emissionsbande zu finden, welche die Existenz<br />

einer optisch dünnen Scheibenschicht beweist, ähnlich<br />

wie wir sie bei T-Tauri-Sternen beobachten. Eine genauere<br />

Analyse des Spektrums ergab einen ersten Hinweis auf<br />

Staubwachstum <strong>und</strong> sogar <strong>für</strong> die Ablagerung von Staub<br />

in der Scheibe dieses Objekts.<br />

Die nächste Herausforderung bestand darin, die<br />

Strahlung dieser Scheiben im Millimeterbereich nachzuweisen.<br />

Diese ist ein direktes Maß <strong>für</strong> die Masse<br />

der Scheibe, wobei jedoch die Opazität des Staubs<br />

bekannt sein muss. Mit Hilfe des SCUBA-Bolometers<br />

am JCMT-Submillimeter-Teleskop auf Hawaii <strong>und</strong><br />

des MAMBO-Arrays am IRAM-30-m-Teleskop auf dem<br />

Pico Veleta (Spanien) entdeckten wir zum ersten Mal<br />

Millimeteremission von zwei jungen Braunen Zwergen<br />

bei einem Flussniveau von einigen Millijansky. Unter<br />

der Annahme ähnlicher Staubopazitäten, wie sie bei der<br />

Abschätzung der Scheibenmasse bei T-Tauri-Sternen<br />

verwendet werden, erhielten wir <strong>für</strong> die Gesamtmassen<br />

der Scheiben Werte von einigen Jupitermassen. Dieses<br />

überraschende Ergebnis deutet auf die Möglichkeit hin,<br />

dass sich in den Scheiben um Braune Zwerge sogar<br />

Planeten bilden könnten.<br />

Interessant ist, dass es eine Reihe von Quellen mit<br />

überschüssiger, von einer Scheibe stammenden Infrarot-

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