V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie
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Bereich der Strahlvereinigung<br />
Der longitudinale Spiegel übt zwei Funktionen aus.<br />
Erstens lenkt er die Strahlung nach unten zum Kryostaten<br />
im Wissenschaftskanal um. Zweitens kann er benutzt<br />
werden, um differentielle Längenunterschiede im Lichtweg<br />
zu korrigieren. Differentielle Längenunterschiede<br />
wird es geben, da die adaptiven Optiksysteme, obwohl<br />
sie <strong>für</strong> ebene Wellenfronten sorgen, nicht die relative<br />
Ankunftszeit der Wellenfronten an den beiden Teleskopen<br />
steuern können. Kleine, durch die Atmosphäre verursachte<br />
Neigungen über die 23 m Basislänge setzen<br />
sich nach der AO-Korrektur in Längenunterschiede im<br />
Lichtweg um.<br />
Der longitudinale Spiegel korrigiert solche Lichtwegdifferenzen,<br />
indem er sich längs der Verbindungslinie<br />
zwischen den beiden Teleskopen hin <strong>und</strong> her bewegt <strong>und</strong><br />
so den einen Arm des Interferometers verkürzt <strong>und</strong> den<br />
anderen verlängert, wobei er den dynamischen Korrektur-<br />
bereich effektiv verdoppelt. Eine piezoelektrische Hochleistungsstufe<br />
liefert den nötigen Hub <strong>und</strong> die nötige<br />
Bandbreite.<br />
Ein Paar dichroitischer Spiegel zwischen dem longitudinalen<br />
Spiegel <strong>und</strong> dem Kryostatenfenster lässt die Infra-<br />
rotphotonen passieren, reflektiert jedoch das sichtbare<br />
Licht über eine vierelementige Kameralinse zu den Mittel-<br />
bis Oberschicht-Wellenfrontsensoren (»Mid-High Layer<br />
Wavefront Sensors«, MHWS – siehe unten).<br />
Nahinfrarot-Wissenschaftskanal<br />
Die Nahinfrarotstrahlung passiert die dichroitischen<br />
Spiegel <strong>und</strong> das Kryostatenfenster, wo eine kalte Maske<br />
überschüssige thermische Hintergr<strong>und</strong>strahlung unterdrückt.<br />
Eine Kamera mit zwei reflektierenden Spiegeln<br />
innerhalb des Dewar erzeugt den endgültigen interferometrischen<br />
Fokus (Abb. VI.1.7). Der wissenschaftliche<br />
Sensor, ein HgCdTe-HAWAII-2-Detektor mit 2048<br />
2048 Pixeln, sieht diese Strahlung als Reflektion<br />
von einem dichroitischen Infrarot-Infrarot-Strahlteiler.<br />
Der Sensor des Streifenmusterstabilisators nutzt das<br />
Nahinfrarotlicht außerhalb des reflektierten Bandes<br />
oder von außerhalb des wissenschaftlich genutzten<br />
Gesichtsfeldes, um den differentiellen atmosphärischen<br />
Längenunterschied im Lichtweg zu bestimmen. Das<br />
Interferenzstreifen-Korrektursignal steuert den piezoelektrischen<br />
Aktuator, der mit dem nach unten gerichteten<br />
Umlenkspiegel des Strahlvereinigers verb<strong>und</strong>en ist.<br />
Man beachte, dass LINC-NIRVANA als Interferometer<br />
bezüglich der »Eintrittspupille«, das heißt der Teleskopanordnung,<br />
feststehend sein muss. Da das LBT eine azimutale<br />
Montierung besitzt, führt die Erdrotation dazu,<br />
dass das wissenschaftlich genutzte Gesichtsfeld um die<br />
optische Achse rotiert, wodurch die Abbildung unscharf<br />
wird, wenn keine Korrekturmaßnahmen ergriffen werden.<br />
Der LINC-NIRVANA-Detektor ist auf einem präzisen<br />
Rotationsaufbau montiert, sodass Integrationen entsprechend<br />
einer Drehung des Himmels um 30° möglich sind.<br />
IV.1 Mehr als Streifen: Das Bildebenen-Interferometer LINC-NIRVANA 89<br />
Die Multikonjugierte Adaptive Optik<br />
Multikonjugierte Adaptive Optiksysteme (MCAO) nutzen<br />
die Tatsache, dass die Turbulenz in der Atmosphäre<br />
normalerweise auf einige wenige, voneinander getrennte<br />
Schichten beschränkt ist. Indem man optische konjugierte<br />
Punkte, oder Abbilder, der deformierbaren Spiegel in<br />
der Höhe dieser entscheidenden Schichten platziert, kann<br />
in einem großen Gesichtsfeld ein sehr hohes Korrekturniveau<br />
erzielt werden.<br />
In seiner Gr<strong>und</strong>- (der so genannten »LINC«-) Konfiguration<br />
nutzt LINC-NIRVANA einen einzelnen, axial gelege-<br />
nen Stern zum Abtasten der Wellenfront sowie einen ein-<br />
zelnen deformierbaren Spiegel (entweder die adaptiven<br />
Sek<strong>und</strong>ärspiegel oder die Xinetics-Einheiten) <strong>für</strong> die<br />
Korrektur. Dies ist klassische Adaptive Optik <strong>und</strong> entspricht<br />
im Wesentlichen der AO-Strategie der LBT-Einrichtung.<br />
Der LINC-Modus wird immer verfügbar sein,<br />
auch wenn weitere Möglichkeiten hinzukommen.<br />
Durch Hinzufügen mehrerer natürlicher Leitsterne <strong>und</strong><br />
»optischer Summation« wird das Instrument in seiner<br />
endgültigen Ausführung (dem so genannten »NIRVANA«-<br />
Modus) bis zu 20 Leitsterne pro Teleskop in einem bis<br />
zu 6 Bogenminuten großen Feld verwenden, um zwei,<br />
<strong>und</strong> später möglicherweise drei Atmosphärenschichten<br />
zu korrigieren.<br />
LINC-NIRVANA reduziert die potenzielle Komplexität<br />
eines solchen MCAO-Systems, indem es die Schleifen,<br />
die die verschiedenen deformierbaren Spiegel steuern,<br />
effektiv entkoppelt. Die Bodenschicht-Wellenfront-<br />
sensoren (GWS) testen jeweils bis zu 12 Sterne in einem<br />
ringförmigen Bereich zwischen 2 <strong>und</strong> 6 Bogenminuten<br />
Durchmesser <strong>und</strong> steuern die mit 672 Aktuatoren versehenen<br />
deformierbaren Sek<strong>und</strong>ärspiegel. Die einzelnen<br />
Sternmessköpfe bestehen aus einer optischen Pyramide<br />
<strong>und</strong> einem Feldvergrößerer. Die AO-Sek<strong>und</strong>ärspiegel<br />
sind optisch mit einer ungefähr 100 m über dem Teleskop<br />
liegenden Schicht konjugiert. Das Licht von Sternen, die<br />
über einen relativ großen Winkel am Himmel verteilt<br />
sind, fällt durch den gleichen Abschnitt solcher tief gelegenen<br />
Schichten. Daher können die Leitsterne aus einem<br />
sehr großen Feld gewählt werden.<br />
Die zweite Korrekturschleife verwendet die beiden<br />
deformierbaren Xinetics-Spiegel auf den weiter oben<br />
beschriebenen »Z«-Baueinheiten sowie die Mittel- <strong>und</strong><br />
Oberschicht-Wellenfrontsensoren (MHWS). Diese Geräte<br />
empfangen das Licht, das von dem dichroitischen<br />
Visuell/Nahinfrarot-Spiegel im Strahlvereinigungsbereich<br />
reflektiert wird. Die MHWS wählen bis zu acht<br />
natürliche Leitsterne aus dem 2 Bogenminuten großen<br />
Zentralfeld <strong>und</strong> messen die Turbulenz in Höhen zwischen<br />
8 <strong>und</strong> 15 km (die exakte konjugierte Höhe kann<br />
durch Verschieben der »Z«-Baueinheiten eingestellt werden).<br />
Die MHWS-Sternmessköpfe sind im Wesentlichen<br />
identisch mit denen in den GWS.<br />
Wie beim wissenschaftlichen Detektor müssen die<br />
GWS <strong>und</strong> MHWS rotieren, um dem Himmel zu folgen.<br />
Bei den Bodenschichtsensoren wird dies erreicht, indem