V Menschen und Ereignisse - Max-Planck-Institut für Astronomie
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UKIRT<br />
Vielfachsterne: Die Mehrzahl der Sterne unserer<br />
Galaxis sind Mitglieder von Doppel- oder Mehrfachsys-<br />
temen. Die Verteilung der Abstände der Doppelsternkomponenten<br />
hat ihr <strong>Max</strong>imum bei ca. 50 AE, was in der<br />
Entfernung des nächstgelegenen Sternentstehungsgebietes<br />
0.3 Bogensek<strong>und</strong>en entspricht. Da LINC-NIRVANA<br />
im nahen Infrarot arbeitet, kann es den Staub in<br />
Molekülwolken durchdringen <strong>und</strong> junge Doppelsterne<br />
mit etwa einem Dreißigstel dieses Abstands trennen.<br />
Noch wichtiger ist vielleicht, dass aufgr<strong>und</strong> der hervorragenden<br />
Genauigkeit, die durch relative Astrometrie in<br />
einem großen Gesichtsfeld erzielt wird, <strong>für</strong> eine große<br />
Stichprobe an Doppelsternen die Bahnen vermessen<br />
werden können. Mit den daraus abgeleiteten dynamischen<br />
Massen kann man dann die Masse-Leuchtkraft-<br />
Beziehung <strong>und</strong> die Entwicklungssequenz von Sternen<br />
direkt eichen.<br />
Die Struktur zirkumstellarer Scheiben: Wie zuvor<br />
schon erwähnt, haben zirkumstellare Scheiben einen gro-<br />
ßen Einfluss auf den Kollaps von Molekülwolken, indem<br />
sie Sternwinde entweder erzeugen oder regulieren.<br />
Scheiben sind auch bei der Bildung von Planeten von entscheidender<br />
Bedeutung, da sie sowohl als Quelle <strong>für</strong> das<br />
Rohmaterial als auch als schützende Hülle dienen, in der<br />
sich das Gas <strong>und</strong> die hitzebeständigen Elemente zusammenballen<br />
<strong>und</strong> am Ende einen Planeten bilden können.<br />
Durch Akkretion <strong>und</strong> Resonanzstreuung räumt der Pla-<br />
net schließlich eine Lücke in der Scheibe frei <strong>und</strong> verändert<br />
damit unweigerlich deren Struktur <strong>und</strong> Dynamik.<br />
LINC-NIRVANA kann nach Anzeichen <strong>für</strong> diese Prozesse<br />
in gestreutem Licht suchen. Dies ist ein weiteres Beispiel,<br />
wo echte Aufnahmen einen enormen Vorzug darstellen.<br />
Man geht davon aus, dass sich zirkumstellare Scheiben<br />
mit zunehmenden Alter während des Übergangs von der<br />
protostellaren in die protoplanetare Phase abflachen, ein<br />
Vorgang, den wir mit einer großen Durchmusterung zu<br />
verfolgen hoffen.<br />
Supernova-Kosmologie: Unsere Vorstellung von Ge-<br />
stalt <strong>und</strong> Inhalt unseres Universums hat sich in den letzten<br />
Jahren durch die Ergebnisse kosmologischer Unter-<br />
suchungen anhand von Supernovae mittlerer Rotverschiebung<br />
radikal verändert. Die Methode nutzt die Tatsache,<br />
dass Supernovae vom Typ I eine intrinsische Leuchtkraft<br />
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Calar Alto<br />
IV.1 Mehr als Streifen: Das Bildebenen-Interferometer LINC-NIRVANA 85<br />
T Tau H 2<br />
n = 1 – 0 S(1) VLT<br />
Abb. IV.1.5: Sternentstehung ist auf allen Winkelskalen ein<br />
komplexer Prozess. Diese Bildfolge zoomt in den Kern von<br />
T Tau, dem Prototyp eines jungen Sterns. Mit Hilfe von<br />
LINC-NIRVANA werden wir letztendlich in der Lage sein, die<br />
Geheimnisse der Stern- <strong>und</strong> Planetenentstehung auf Skalen zu<br />
enthüllen, die dem Erdbahndurchmesser entsprechen.<br />
haben, die anhand der zeitlichen Entwicklung ihrer Helligkeit<br />
bestimmt werden kann. Daher liefern Messun-<br />
gen dieser Entwicklung <strong>und</strong> der spektroskopischen Rot-<br />
verschiebung die Entfernung, die einer gegebenen Rot-<br />
verschiebung entspricht. Damit kann die Geometrie des<br />
Universums vermessen werden. Doch leider sind mit der-<br />
artigen Beobachtungen bei den mittleren Rotverschiebungen,<br />
die mit der heutigen Teleskopgeneration erreichbar<br />
sind, die f<strong>und</strong>amentalen Parameter des Universums<br />
nicht unabhängig voneinander messbar. Beobachtungen<br />
von schwächeren, weiter entfernten Supernovae können<br />
jedoch die Entartung der kosmologischen Parameter<br />
brechen. LINC-NIRVANA am LBT hat eine ausreichend<br />
hohe Empfindlichkeit, um diese Objekte nachweisen <strong>und</strong><br />
messen zu können. Ein speziell hierauf ausgerichtetes<br />
Programm, das 25 Teleskopnächte beanspruchen würde,<br />
sollte in der Lage sein, diese wichtigen kosmologischen<br />
Parameter unabhängig voneinander auf 5 Prozent genau<br />
zu bestimmen.<br />
Entstehung von Galaxien: Die beste Methode zu ver-<br />
stehen, wie Galaxien entstehen, ist, mit Hilfe des enormen<br />
Lichtsammelvermögens großer Teleskope in die<br />
Vergangenheit zurück zu blicken, in die Epoche des<br />
Galaxienaufbaus. Heutige Modelle behaupten, dass die<br />
frühesten Galaxienfragmente klein <strong>und</strong> lichtschwach<br />
sind. Leider zwingt uns die begrenzte Empfindlichkeit<br />
heutiger Instrumente dazu, vorzugsweise atypische,<br />
leuchtstarke <strong>und</strong> massereiche Galaxien, sowie Galaxien,<br />
die gerade eine Episode stark erhöhter Sternentstehungs-<br />
aktivität durchmachen, zu untersuchen (Abb. IV.1.6). Eine<br />
tiefe Vielfarbendurchmusterung im nahen Infrarot mit<br />
LINC-NIRVANA könnte im Rahmen eines speziellen Pro-<br />
gramms innerhalb von 20 Nächten eine Stichprobe ei-<br />
nes repräsentativen Volumenelements des Universums<br />
liefern <strong>und</strong> dabei Galaxienfragmente aufspüren, deren<br />
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