Hundertjahrährige Geschichte des Deutschtums von Rochester

Geschichte d e r Deutschen vo n Roch e ster
das Werk der Jugenderziehung ihr Augenmerk zu richten, und an
der allgemeinen patriotischen Begeisterung den E ifer für dieselbe
unter ihren hiesigen Landsleuten zu entflammen, um durch Pflege
und Erhaltung der deutschen Nationaltugenden diese in die im
\iVerden begriffene amerikanische Nation überzuführen.
Diesem Bestreben entsprangen nach den K ri egsjahren zahlreiche
deutschamerikanische Schulen, in welchen deutsches und
amerikanisches Erziehungswesen sich gegenseitig ergänzen und
vervollkommnen, und der R epublik ein mit den Vorzügen der
angelsächsischen wie der teutonischen Rasse ausgestattetes Bürgertum
zuführen sollten.
Soll aber das deutsche Element im Stande sein, den ihm zufallenden
Teil di eser Aufgabe zu erfüllen, so ist die Forterhal tung
sein er Sprache, der Vermittlerin sein es geistigen V erkehrs, unter
sein em Nachwuchs ein unerlässliches Erfordernis, und die Agitation
für dieselbe bildet daher noch heutzutage eine der Hauptströmungen
im Entwicklungsgange der deutsch-amerikanischen Bevölkerung.
Auch in Rochester äusserte diese Agitation nach den Kriegsjahren
ihre b elebende Wirkung. H atten vordem die mit den deutschen
Kirchen verbundenen Pfarrschulen bei ihrem deutschen Unterrichte
ihre Aufgabe für erschöpft gehalten, wenn sie durch denselben
das V erständnis der in deutscher Sprache erteilten Religionsund
Sittenlehre ermögli chten, so erweiterte sich jetzt vielfach ihr
Horizont, indem sie durch Heranziehung der in den Schulen des
alten Vaterlandes gepfl egten Kunstfertigkeiten, durch Erweckung
des Sinnes für deutsche Kunst, Literatur und Wissenschaft die
heranwachsende Generation auch über di e Schuljahre hinaus an die
Q uellen deutscher Bildung zu fesseln suchten. Die aus konfessionell
en oder Gemeindeunterschieden hervorgehende Zersplitterung
des Schulwesens machte indessen in sehr viel en Fällen di eses Bestreben
zu einem illusori schen, und so wurde in R ochester bereits
im Jahre ] 866 der Grundstein zu ein er konfessionslosen Schule gelegt,
welche, die reli giöse U nterweisung ihrer Zöglinge ihren respectiven
Kirchengemeinelen überlassend, unter einem den deutschen
R ealschulen nachgebildeten Unterrichtsplane allen Klassen der Bevölkerung
zur Erlangung ei ner tüchtigen, englischen wie deutschen
A usbildung Gelegenheit geben sollte.
Intoleranz auf der einen und fal sche Auffassung ihrer T endenz
auf der anderen Seite stemmten sich jedoch der "Rochester Realschule"
schon frühzeitig hindernd entgegen und beschränkten ihre
Wirksamkeit auf einen verhältnismässig blos kleinen Kreis, und des
forwährenden Kampfes um ihre Forterhaltung müde, hatte sich
während ihres siebzehnjährigen Bestehens von ihren L eitern und
Beschützern einer um den anderen von ihr zurückgezogen, bis sie
im Jahre 1883 vollständig einschlief. Gleichwohl muss ihr das Verdienst
zuerkannt werden, dass sie dem Verständnis der Anschauungs-
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