58 DAS MATERIALSYSTEMeinerseits die Erstarrungslinie im Phasendiagramm sehr weit von der Schmelzlinie entfernt ist<strong>und</strong> die von diesen beiden Linien aufgespannte Linse sehr flach liegt, so daß die Konzentrationenbei vorgegebener Temperatur in Festkörper <strong>und</strong> Schmelze sehr unterschiedlich sind.Um eine vorgegebene Festkörperkonzentration zu erhalten muß diesem bei der Erstarrung einerheblicher Materialtransport nahe der Grenzfläche entgegenwirken. Man kann sich vorstellen,daß bei deren Variation, wie sie bei einem Gradientenkristall stufenlos auftreten soll, dasSystem sehr leicht unkontrollierbar wird. Andererseits ist das Kristallgitter des Silizium naheder Schmelztemperatur so weich, daß die, wie hier vom Germanium dargestellt, durch eingelagerteFremdatome auftretenden Spannungen nicht mehr vom Gitter aufgenommen werden,sondern relaxieren. In diesem Fall entstehen leicht Instabilitäten, die zu polykristallinemWachstum führt.In den letzten Jahren haben sich weitere1700Kristallzuchtmethoden, die Epitaxien 1600 flüssigentwickelt <strong>und</strong> bedeutende Stellungen, 1500insbesonders bei der Herstellung dünner1400Schichten, eingenommen. Bei der chemischenGasphasenepitaxie (CVD), die sich1300fest1200durch große Wachstumsgeschwindigkeitenauszeichnet, werden TrägermoleküleGe-Konzentration x0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0nahe an einem Substrat aufgespalten <strong>und</strong> Abbildung (33):Phasendiagramm des Systems Si 1-x Ge x zwischendann auf diesem, je nach Prozeßbedingungenkristallin, abgelagert. Das Kri-Schmelze <strong>und</strong> Festkörper [21].stallwachstum geschieht hier weit unterhalb des Schmelzpunktes, wo das Siliziumgittermechanische Spannungen aufnehmen kann <strong>und</strong> somit der bei der Zucht aus der Schmelzeauftretende Störprozeß entfällt. Außerdem kann die gewünschte Festkörperzusammensetzungin sehr einfacher Weise durch die Mischungsverhältnisse der Trägergase gesteuert <strong>und</strong> imLaufe des Wachstums beliebig variiert werden. Diese Methode wurde von Magerl <strong>und</strong> Holmzunächst im Rahmen eines abgeschlossenen Systems, jedoch für eine feste Legierungszusammensetzung[22] erfolgreich auf das System Si 1-x Ge x angewendet. Um nun auch Konzentrationsgradientenzu verwirklichen, schlugen Magerl et al. eine CVD-Herstellungsmethodeauf Silan- <strong>und</strong> Germanbasis (SiH 4 bzw. GeH 4 ) vor <strong>und</strong> führten 1990 eine der vorliegendenArbeit zugr<strong>und</strong>eliegenden Machbarkeitsstudie mit Erfolg durch [23, 24]. Da für die Anwendungder Gradientenkristalle in der Neutronenstreuung erhebliche Dicken benötigt werden,arbeiten die Autoren mittels kleinflächigen Substraten in einem induktionsgeheizten, röhrenförmigenOfen hauptsächlich auf die Wachstumsgeschwindigkeit hin. Es wurden Wachstumsgeschwindigkeitenvon bis zu 0,7 µm/min erreicht, die, wie die Schichtdicken auch,gegenüber herkömmlichen CVD-Methoden um einen Faktor 100 bis 1000 mal größer sind.Temperatur T [K]
DAS MATERIALSYSTEM 59Damit wurde es erstmals möglich, auf diese Art <strong>und</strong> Weise millimeterdicke Kristalle innerhalbvon vernünftigen Zeiträumen, nämlich einigen Tagen herzustellen.Die Aufgabe in diesem Teil der vorliegenden Arbeit bestand darin, einen neuen Reaktionsofenfür großflächige Substrate mit Durchmessern von 10 cm zu bauen <strong>und</strong> die Kristalle fürdie anschließenden Experimente zu ziehen. Die Hauptschwierigkeiten bestanden vor allem inder Entwicklung eines geeigneten Heizelements sowie in der Führung der Gase, um einhomogenes, kristallines Wachstum über den benötigten Zeitraum zu gewährleisten.5.<strong>2.</strong> Die KristallzuchtanlageDie Anlage zur Gasphasenabscheidung besteht im wesentlichen aus dem Gassystem <strong>und</strong>einem Zuchtofen, der sich wiederum in ein Gasströmungssystem <strong>und</strong> ein Heizelement iminneren eines Vakuumtopfes unterteilen läßt. Eine Übersicht ist in Abbildung (34) dargestellt.Im folgenden sollen diese Komponenten beschrieben werden.Abbildung (34):Die Versuchsanlage zur Kristallzucht. Im linken Teil der kesselförmige Reaktionsofenmit den Schläuchen für die Wasserkühlung. Rechts im Bild das Gaszuführsystemmit den preßluftgesteuerten Ventilen <strong>und</strong> den Massenflußreglern. ImBildzentum sehen wir die trichterförmige Mischkammer, ganz links unten denVakuumschlauch zu den Pumpen.