Ausgabe 04/2023

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Positionen & Meinungen „Wir wollen nicht den einfachen Weg gehen.“ Ambitionierte Ziele. Daniel Reisenberger, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Schindler Österreich, spricht im Interview unter anderem über den Rückgang der Bautätigkeit, Strategien gegen den Fachkräftemangel, das Nachrüsten von Zinshäusern sowie die Nachhaltigkeitsagenda beim Aufzugs- und Fahrtreppenspezialisten Das Gespräch führte: Patrick Baldia Wie erleben Sie das schwierige Umfeld in der Bau- und Immobilienbranche? Wir leben stark mit der Bauindustrie mit und der deutliche Rückgang der Bautätigkeit, den wir dort sehen, betrifft uns eins zu eins. Es wird noch eine gewisse Zeit brauchen, bis sich das System wieder eingeschwungen hat. Es geht ja nicht nur um Zinserhöhungen und Inflation, die Baugenehmigungen sind auch seit längerem rückläufig. Dazu kommen zentrale Herausforderungen wie nachhaltiges Bauen und weniger Bodenverbrauch. Das verändert die Bautätigkeit und das spüren wir. Das klingt ernüchternd… Ich bin mittelfristig optimistisch. Die Wirtschaft wird wieder schneller an Schwung gewinnen als die Zinsen sinken werden. Aber man darf nicht vergessen, dass wir innerhalb von nur 15 Monaten einen Euribor-Anstieg von unter null auf fast vier Prozent erlebt haben. Das hat es wohl noch nie zuvor gegeben. Ich gehe aber davon aus, dass sich das Umfeld mittelfristig verbessern wird. Es ist ja bekannt, dass für Wien ab 2025 eine Wohnungsknappheit prognostiziert wird. Der Bedarf ist also da. Wie haben sich Ihre drei Geschäftssegmente zuletzt entwickelt? Das am stärksten betroffene Segment ist der Wohnbau. Dafür sehen wir positive Gegenbewegungen in den Segmenten Industrie und „Public Transport“. Das kann zwar die Rückgänge im Wohnbau nicht ganz kompensieren, aber es ist gut, zwei weitere Standbeine zu haben, die sich gut entwickeln. Was hört man aus Deutschland? Soweit ich höre und wahrnehme, sind die Trends in etwa die gleichen, aber in Deutschland dürfte der Rückgang stärker als in Österreich sein. Ist die Lieferkettenthematik vom Tisch? Das Thema ist zum Glück durch. Schwierigkeiten gab es vor allem zwischen März 2021 und Juni 2022. Da hatten wir wie alle mit der Verfügbarkeit gewisser Komponenten und Produkte zu kämpfen – von Chips bis hin zu Stahlbauteilen. Wir hatten allerdings den Vorteil, dass unsere Lieferkette bereits damals stark diversifiziert war. Schindler produziert an verschiedenen Standorten, etwa vor den Toren Wiens in der Slowakei. Dadurch haben wir hinsichtlich Produktion, Lieferung und Lagerung deutliche Vorteile. Was haben Sie aus der Lieferkettenproblematik gelernt? Wir haben gelernt, uns noch resilienter aufzustellen. Also nicht nur im Sinne der Diversifikation der Produktionsstandorte, sondern bei Lieferanten. Die Lieferkettenproblematik liegt aber hinter uns. Ein Thema, von dem offensichtlich alle betroffen sind, ist der Fachkräftemangel. Wie geht gerade ein Unternehmen wie Schindler, das auf hochqualifizierte Mitarbeiter angewiesen ist, damit um? Der demografische Wandel und Recruiting- Maßnahmen beschäftigen uns natürlich. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang, dass wir bei Schindler eine sehr hohe Betriebszugehörigkeit und geringe Fluktuation haben. Ein besonderes Anliegen ist uns jedenfalls, dass wir vom Bodensee bis zum Neusiedlersee mit gezielten Branding- Maßnahmen eine klar erkennbare Marke als guter Arbeitsgeber aufbauen. Wir wollen gerade junge, technikbegeisterte Menschen ansprechen. Darum zeigen wir auf Messen, bei HTL-Besuchen und über unsere Social- Media-Kanäle Präsenz. Ist der Fachkräftemangel ein Grund, weshalb Schindler verstärkt auf Fernüberwachung beziehungsweise Remote- Wartung setzt? Nein, das ist unserem Pioniergeist geschuldet. Wir wollen hier immer einen Schritt voraus sein und unseren Kunden den besten Service bieten. Digitale Wartung erhöht die Verfügbarkeit unserer Anlagen um 30 Prozent. Ob ein Lift ausfällt oder reibungslos läuft, macht gerade für Hotels, Wohnhäuser, Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen Fotos: Richard Tanzer 54 ImmoFokus
Daniel Reisenberger Daniel Reisenberger ist seit 2019 Vorsitzender der Geschäftsführung bei Schindler Österreich. Angefangen hat der gebürtige Oberösterreicher bereits 2002 bei Schindler. Seitdem hat der WU-Absolvent in mehreren leitenden Funktionen reichlich Erfahrung im Unternehmen sammeln können. So war er etwa bis zu seinem Wechsel auf den Chefsessel in Österreich mehrere Jahre als Gebietsleiter Nordwest (Hannover) in der Schindler Konzerngesellschaft Deutschland tätig. Davor war Reisenberger unter anderem Geschäftsführer von Haushahn Österreich, Finanzleiter bei Doppelmayr Aufzüge und Mitglied der Geschäftsführung von Schindler Österreich. Ausgabe 04|2023 55
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