Heft 126 - Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung
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anschließend die besten regulären Studierenden sind, tolle Klausuren schreiben und sich engagieren."<br />
Viele andere Studierende dagegen, berichtet Ulrike Helbig, "machen eine Bauchlandung".<br />
Das zeige ihre Erfahrung als Studienberaterin <strong>für</strong> mehr als 10.000 Frankfurter Hochschülerinnen<br />
und Hochschüler aus 16 naturwissenschaftlichen Fächern. Betroffen seien "vor allem<br />
Studenten, die von vornherein unsicher sind in der Fächerwahl", sagt Helbig. Die "Studienabbruchsstudie<br />
2002" des Hochschul-Informations-Systems gibt ihr Recht: Falsche Erwartungen<br />
an das Studium sind der Hauptgrund <strong>für</strong> einen vorzeitigen Abbruch aus mangelnder Motivation.<br />
50 Prozent dieser Abbrecher waren über ihr späteres Fach ungenügend informiert.<br />
Dem soll das Angebot <strong>für</strong> Abiturienten in Frankfurt entgegenwirken: "indem wir den Leuten<br />
eine Probefahrt wie bei einem Autokauf anbieten. Bevor Sie sich <strong>für</strong> ein Auto entscheiden,<br />
überlegen Sie ja auch sorgfältig, wenngleich ein Auto oft nur fünf, sechs Jahre hält", sagt Ulrike<br />
Helbig. "Die Entscheidung <strong>für</strong> ein Studium dagegen ist lebensprägend. 20-Jährige müssen<br />
sie treffen, und der Entschluss begleitet sie, bis sie 65 sind. Es ist doch ein gewaltiger Unterschied,<br />
ob ich sage: Ich bin Jurist, Physiker, Arzt oder Bäcker. Und diese gravierende Entscheidung<br />
zwingt unsere Gesellschaft den meisten Jugendlichen ab, ohne dass sie jemals<br />
eine Probefahrt machen konnten."<br />
Wer darf mitmachen?<br />
Diese Probefahrt erfunden zu haben, reklamieren neben Ulrike Helbig eine ganze Reihe Initiatoren<br />
an den verschiedenen Hochschulen <strong>für</strong> sich. Die unterschiedlichen Junior- und Probestudiums-Angebote<br />
entstanden in den vergangenen Jahren nahezu parallel, und nicht alle<br />
lassen sich miteinander vergleichen. Ulrike Helbig zum Beispiel kam 2001 auf die Idee, nachdem<br />
die Anfragen von Schülern in ihren Beratungsgesprächen sich gehäuft hatten: "Können<br />
wir diesen oder jenen Studiengang nicht einfach mal ausprobieren?" Im Sommersemester<br />
2002 konnten sie: Die ersten 60 Abiturienten kamen in den Wochen zwischen schriftlicher und<br />
mündlicher Abiturprüfung als Schnupperstudenten an die Universität Frankfurt. In diesem Jahr<br />
werden dort bereits 200 Plätze angeboten, 800 Schüler haben Interesse angemeldet.<br />
An der Universität Saarbrücken, wo das viersemestrige Juniorstudium erstmals zum Wintersemester<br />
2002/2003 mit der Option angeboten wurde, Scheine zu machen, hatte Materialwissenschafts-Professor<br />
Frank Mücklich die Idee. Er ist Gutachter bei der Studienstiftung des<br />
deutschen Volkes. "Und in den Interviews mit den Bewerbern haben mir viele begabte Schüler<br />
erzählt, dass sie in den letzten zwei Jahren an der Schule gar nicht mehr ausgelastet gewesen<br />
seien." Nun führt Mücklich Auswahlgespräche mit Schülern, die von ihren Fachlehrern an<br />
den Schulen vorgeschlagen werden.<br />
Das Vorgehen, die Schulen zu informieren und sie besonders geeignete Schüler auswählen<br />
zu lassen, ist allen Juniorstudiums-Angeboten gemein. "Bei uns allerdings mit dem Unterschied,<br />
dass wir nur 25 Bewerber einladen und eine harte Auswahl treffen. Nur zwölf dürfen<br />
anschließend studieren", sagt Mücklich. Das Konzept, das ähnlich wie in Frankfurt eine umfassende<br />
Betreuung der Juniorstudenten durch Tutoren vorsieht, dient in Saarbrücken einer<br />
gezielten Begabten-Förderung. Jeder der zwölf Juniorstudenten bekommt in Saarbrücken zusätzlich<br />
einen Patenlehrer an seinem Gymnasium zugewiesen. "Der soll dem Juniorstudenten