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Biomedizinische Grundlagenforschung<br />
Immuntherapie von Krebs<br />
Die Hypothese, dass gewisse Funktionen des Immun<br />
systems die Krebsentstehung verhindern, wurde<br />
schon vor rund 100 Jahren aufgestellt, wie Schriften<br />
des deutschen Immunologiepioniers Paul Ehrlich be<br />
legen. In den 1950erJahren wurde postuliert, dass<br />
ein Überwachungssystem des Körpers neu entstehende<br />
Krebszellen direkt erkennt und eliminiert. Die<br />
Entstehung von Krebs wurde als ein seltenes Ereignis<br />
betrachtet, bei dem die Immunkontrolle nicht ausreichend<br />
funktioniert. Diese Annahme hielt aber späteren<br />
experimentellen und klinischen Studien nicht<br />
stand. Patienten, die aufgrund einer Organtransplantation<br />
mit Medikamenten behandelt werden,<br />
welche das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva),<br />
erkranken zwar häufiger an Krebsarten,<br />
die von den weissen Blutzellen ausgehen, sogenannten<br />
Lymphomen. Überraschenderweise ist bei diesen<br />
Patienten die Häufigkeit von Lungenkrebs, Brustkrebs<br />
oder Dickdarmkrebs aber nicht erhöht. Dies spricht<br />
dafür, dass die Immunüberwachung bei einem soliden<br />
Tumor wahrscheinlich nicht eine derart zentrale<br />
Rolle spielt, wie früher vermutet wurde.<br />
Tumorkontrolle durch das Immunsystem<br />
Das Immunsystem kann jedoch den Verlauf einer<br />
Krebserkrankung sehr wohl beeinflussen. Die Entstehung<br />
von Krebs ist die Folge verschiedener genetischer<br />
Veränderungen, die zum unkontrollierten<br />
Wachstum und zur Metastasierung von Körperzellen<br />
führen. Die Fehler, die sich in der Erbinformation<br />
einer Zelle ansammeln, bewirken, dass sich die Genprodukte<br />
einer Krebszelle, also die Proteine, sowohl<br />
hinsichtlich ihrer Menge wie auch ihrer Struktur von<br />
jenen der normalen Ursprungszelle unterscheiden.<br />
Diese fehlerhaften Proteine können daher vom Immunsystem<br />
als «Fremdstoffe» erkannt werden. Voraussetzung<br />
dafür ist, dass ein verändertes Protein<br />
oder ein Bestandteil davon mithilfe bestimmter Moleküle<br />
den Abwehrzellen «präsentiert», das heisst<br />
gezeigt und zugänglich gemacht wird. Bindet ein<br />
Antikörper bzw. der Rezeptor einer Immunzelle an<br />
ein solches Antigen, wird eine Immunreaktion ausgelöst.<br />
Von besonderem Interesse für die Immuntherapie<br />
sind dabei jene Antigene, die möglichst selektiv<br />
nur vom Tumor gebildet werden und nicht<br />
Prof. Dr. med. Adrian Ochsenbein<br />
Chefarzt der Universitätsklinik für Medizinische Onkologie, Inselspital, Universitätsspital Bern<br />
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