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um zirka vier Monate [8]. Ipilimumab war das erste<br />
Therapeutikum überhaupt, das einen signifikanten<br />
Einfluss auf das Überleben von Patienten mit dieser<br />
Krebserkrankung hatte.<br />
Interessanterweise führte die Therapie zwar kaum<br />
zu einer sichtbaren Tumorreduktion in den Compu<br />
tertomografieUntersuchungen; zum Teil wurde der<br />
Tumor anfänglich sogar noch grösser. Trotzdem be<br />
wirkte das Immunsystem langfristig eine Stabilisie<br />
rung der Erkrankung. Diese unspezifische Aktivie<br />
rung des Immunsystems führt bei den mit Ipilimumab<br />
behandelten Patienten nicht nur zu einer antitumoralen<br />
Immunität, sondern auch zur Autoimmunität.<br />
Diese manifestiert sich klinisch vor allem durch Symptome<br />
wie Durchfall, Hepatitis, die Störung endokriner<br />
Organe und Hautnebenwirkungen. Ipilimumab<br />
wird nun bei verschiedenen soliden Tumoren in klinischen<br />
Studien der Phasen II und III getestet. Neben<br />
der CTLA4CD28Interaktion gibt es weitere hemmende<br />
Signalwege, welche therapeutisch genutzt<br />
werden können. Ein wichtiger und bereits in Studien<br />
untersuchter Ansatz ist die Hemmung der Signalübertragung<br />
via den TZellRezeptor PD1. Der Effekt auf<br />
die TZelle ist vergleichbar mit der Hemmung von<br />
CTLA4. Die Resultate dieser Arbeiten werden in den<br />
nächsten Jahren vorliegen.<br />
Immunsystem mit doppelter Rolle<br />
Die oben beschriebenen positiven klinischen Phase<br />
IIIStudien sind Meilensteine der Immuntherapie.<br />
Wie bei der Medikamentenentwicklung üblich, gab<br />
es daneben eine Vielzahl von negativen PhaseIIund<br />
PhaseIIIStudien. Überraschend war jedoch,<br />
dass es mehrere Untersuchungen gab, in denen die<br />
immunisierten Patienten nicht nur keinen Nutzen<br />
von der Therapie hatten, sondern sogar noch schneller<br />
an der Krebserkrankung verstorben sind als die<br />
nicht immunisierten Kontrollpatienten. Beispielhaft<br />
zu erwähnen sind die Immunisierungsstudien mit<br />
Canvaxin (körpereigene bestrahlte Melanom zellen)<br />
oder mit Gangliosid beim malignen Melanom. Ob<br />
wohl nicht alle Details geklärt sind, geht die Wissenschaft<br />
davon aus, dass bei diesen Therapien<br />
bestimmte Mechanismen des Immunsystems wie<br />
re gulatorische TZellen aktiviert wurden, die das<br />
Tumorwachstum fördern. Diese doppelte Rolle des<br />
Immunsystems, die auf der einen Seite zur Tumorkontrolle<br />
führt und auf der anderen Seite das Tumorwachstum<br />
auch fördern kann, ist seit Langem<br />
bekannt. Chronische Entzündungen wie die Colitis<br />
ulcerosa sind mit einem erhöhten Tumorrisiko verbunden.<br />
Die mole kularen Mechanismen, die das Tu<br />
morwachstum fördern können, werden zurzeit inten<br />
siv untersucht. Dazu gehören zum Beispiel Zytokine<br />
wie der Tumor Necrosis Factor a. Diese Proteine wirken<br />
als Signalstoffe, welche die Aktivität verschiedener<br />
Immunzellen regulieren.<br />
Kürzlich konnte unser Forschungsteam zeigen, dass<br />
die Interaktion mit dem Molekül CD27 die Entwicklung<br />
der Leukämie und auch das Wachstum solider<br />
Tumoren fördert [9]. Gleichzeitig kann CD27 aber<br />
auch als CoStimulationsmolekül die TZellen aktivieren.<br />
Somit kann das gleiche Molekül in der einen<br />
Situation die antitumorale Immunität verbessern,<br />
in einer anderen Situation aber den gegenteiligen<br />
Effekt haben. Zentral ist, diese molekularen Signalwege<br />
im Detail zu verstehen, um sie für eine Therapie<br />
beim Menschen optimal nutzen zu können. Die<br />
Tumorimmunologie ist deshalb ein Paradebeispiel<br />
für die sogenannte translationale Forschung, in der<br />
die präklinische Forschung im Labor eng mit der klinischen<br />
Forschung am Menschen zusammenspielt.<br />
Nach den ersten positiven Resultaten in den letzten<br />
zwei, drei Jahren ist in Zukunft mit einer Vielzahl<br />
neuer immuntherapeutischer Ansätze im medizinischen<br />
Alltag zu rechnen.