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Familiensozialisation bei den Spätaussiedlern<br />

52<br />

_________________________________________________________<br />

und keiner Rechtfertigung oder genaueren Erklärung bedarf. Manchmal<br />

genügt ein Wort und sie wissen worum es geht.<br />

Die Anwendung der russischen Sprache hat nicht nur einen praktischen<br />

Sinn für die Aussiedler, da sie die deutsche Sprache am Anfang noch<br />

nicht fließend beherrschen. Kossolapow vermutet, dass die Aussiedler<br />

deswegen an der russischen Sprache festhalten, weil das Russische im<br />

Unterschied zum Deutschen eine viel breitere Palette an Ausdrucks-<br />

möglichkeiten für Gefühle und Gefühlsschattierungen bietet.<br />

„So kann z.B. fast jedem Wort durch unterschiedliche Prä- und Suffigierung<br />

eine bestimmte neue (verächtliche, liebevolle etc.) Bedeutungsnuance gege-<br />

ben werden; oder unseren beschränkten Möglichkeiten, Verkleinerungsformen<br />

zu bilden, stehen Dutzende von Diminutivformen im Russischen gegenüber.“<br />

(Kossolapow, 1987 Zitat S. 144)<br />

Daher greifen die Jugendlichen und auch ihre Eltern gerade im emotio-<br />

nalen Bereich auch bei guter Beherrschung der deutschen Sprache<br />

immer wieder auf das Russische zurück (ebd.). Sie ziehen sich emotio-<br />

nal auf diese Sprache zurück und fühlen sich in diesem Schutzraum,<br />

den die russische Sprache bietet, geborgen.<br />

Das Wohlfühlen in einer Gesellschaft geht weit über die Sprache hin-<br />

aus. Viele Aussiedler berichten, dass sie das Wesen oder den Humor<br />

der Einheimischen die erste Zeit nicht verstanden. Die Witze fanden sie<br />

überhaupt nicht komisch, das Verhalten in bestimmten Situationen un-<br />

erklärlich (Dietz, 1998).<br />

Humor ist, wie ich finde, ein sehr wichtiger Bestandteil einer Gesell-<br />

schaft, er spiegelt das Gesicht einer Gesellschaft wieder. Die westliche<br />

Gesellschaft ist individualistisch, marktwirtschaftlich orientiert, multikul-<br />

turell und in gewisser weise emanzipiert. So ist es auch kein Wunder,<br />

dass die Aussiedler, die ja aus einer kollektivistischen, patriarchalischen<br />

sozialistisch geprägten Gesellschaft stammen, den Humor der Einhei-<br />

mischen nicht verstehen. Es kommt zu Missverständnissen und zu<br />

neuen Vorurteilen. Es braucht Zeit bis man die „Basis“, die Grundein-<br />

stellungen und Grundprinzipien einer Gesellschaft verinnerlicht hat. Da-<br />

bei hilft zum Beispiel der Umgang mit den Einheimischen im Beruf und

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