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pdf (559 KB) - Mediaculture online

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Tonfall, der vom Autor nicht vorgesehen ist. Der eigentliche Ort des Romans ist<br />

unstreitig die Phantasie, das geistig sinnliche Mitphantasieren, und dahin führt<br />

unendlich besser das Lesen; die Konzentration wird hier tiefer, die Ablenkung ist<br />

geringer, es erfolgt leichter die notwendige Selbsthypnose, die unter Anleitung<br />

des Autors des Romans geschieht.<br />

Danach fällt die überaus wichtige und große epische Gattung jedenfalls in ihrer<br />

heutigen Form für den Rundfunk aus, und zwar zu hundert Prozent. Ich sehe von<br />

gelegentlichen Kurzgeschichten ab ,sie bilden keinen wichtigen Bestandteil<br />

unserer Literatur.<br />

Und nicht besser steht es um das Drama. Man kann keine Romane im Rundfunk<br />

vorlesen, und man kann keine Dramen im Rundfunk aufführen. Ich halte alle<br />

Behauptungen, die etwas anderes besagen, für irrig, und ich habe mich durch<br />

viele Rundfunkaufführungen von dieser Tatsache überzeugt. Die Differenzierung<br />

von Personen erfolgt beim normalen Drama unter Kontrolle der Augen, und so ist<br />

es gedacht vom Autor. Mimik, Geste, stummes Spiel sind wohl bei allen Stücken<br />

wesentlich, in vielen Stücken gibt es noch besondere Bühnenaktionen. Denken Sie<br />

an die Situationskomik, die vom bloß tönenden Rundfunk nicht übernommen<br />

werden kann. Was der Rundfunk an Theaterspielen sendet, sind Reproduktionen<br />

von der Art des Schwarzweißdrucks, der von einem farbigen Bild genommen ist.<br />

Es ist die Vorlesung eines Stückes aus dem Rollenbuch, nie die Aufführung und<br />

schon gar nicht Theater. Denn Theater ist nun etwas, wozu der Rundfunk aus<br />

einem bestimmten Grunde ganz und gar nicht fähig ist. Theater ist ein<br />

Kollektiverlebnis. Im Theater wird vor einer großen Masse und auch mit dieser<br />

Masse ein Drama gespielt. Theater ist erst real, wie sich jeder überzeugen kann,<br />

in der Gemeinsamkeit des Erlebens des Dramas. Das Theater hat, wie eine große<br />

Versammlung, eine elementare gesellschaftliche Funktion. Die fehlt dem Radio<br />

durch seine Konstitution; denn das Radio wendet sich zwar an 100 000, - aber<br />

man darf nicht unterschlagen: an 100 000 Einzelne. Und wie der Autor, der etwa<br />

im Rundfunk spricht, isoliert dasitzt und die 100 000 nur matt in der Phantasie<br />

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