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pdf (559 KB) - Mediaculture online

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Menschen zu gelangen, kann im positiven Sinne eine wichtige literarische<br />

Veränderung bewirken. Sie kennen die fatale, ja grausige Lage unserer Literatur:<br />

alles drängt nach Spitzenleistungen, es besteht eine Riesenkluft zwischen der<br />

eigentlichen, schon überartistischen Literatur und der großen Volksmasse. Die<br />

große Literatur ist bald für 1000, bald für 10 000, höchstens für kaum 100 000<br />

Menschen da. Gelegentliche Massenauflagen können darüber nicht wegtäuschen.<br />

Diese überaristokratische Haltung sterilisiert uns, sie ist ungesund und<br />

unzeitgemäß. Wieder tritt da der Rundfunk vor uns, die er eben aufgefordert hat,<br />

die Drucktype zu verlassen, und fordert uns auf, unseren kleinen gebildeten<br />

Klüngel zu verlassen. Wenn ich so sagen kann: das ganze Deutschland soll es<br />

sein. Ich kann das nicht als einen Nachteil bezeichnen. Beides, mündlich zu<br />

sprechen oder sprechen zu lassen, und sich auf den lebenden einfachen<br />

Menschen der Straße und des Landes einzustellen: diese beiden literaturfremden,<br />

funkformalen Ansprüche sind auch literarisch gute Ansprüche. Ich möchte sie als<br />

Sanierungseingriffe des Rundfunks in die gedruckte aristokratische Literatur<br />

bezeichnen und möchte die Autoren auf diese Eingriffe hinweisen.<br />

Aus der „großen Masse,“ folgt übrigens eine bestimmte Haltung des Autors; er<br />

hat diese Verpflichtung auch im Buch und im Theater, dort ist der Verleger, der<br />

Direktor; hier ist Zensur. Ich denke, die Autoren werden von sich aus die richtige<br />

Einstellung auf die Masse vornehmen können.<br />

Nach diesen beiden formalen Merkmalen und Ansprüchen des Rundfunks an die<br />

Literatur, die ich gelten lasse, will ich nun rasch mit einem Blick die vier<br />

Literaturgattungen darauf ansehen, wie sich ihre eigenen Charaktere zu der des<br />

Rundfunks verhalten, und ob da eine Ehe oder etwas Eheartiges, vielleicht bloß<br />

eine Liaison möglich ist.<br />

Nun, es steht gut bei der Essayistik. Der Essay wird vom Rundfunk nur die<br />

Anweisung anzunehmen haben, einmal kurz zu sein - denn man kann nicht<br />

langen gesprochenen Essays folgen, der kleine Mann überhaupt nicht - , und<br />

dann: man wird einfach sein müssen. Das sind wünschenswerte und erreichbare<br />

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