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pdf (559 KB) - Mediaculture online

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wir frei über innere Erlebnisse sprechen sollen, über sexuale Probleme, aufrichtig<br />

über Erleben und Irren, und der Zensor kommt und verlangt, daß alles vorher<br />

aufgeschrieben wird, bevor man spricht, dann hört die Chose auf: Leben zu sein,<br />

dazu anzuregen.<br />

Hans Kyser: Ich gehe von der Begriffsbestimmung meiner Vorredner aus, die von<br />

Sehmenschen und Hörmenschen sprachen. Unsre Zeit hat zwei neue<br />

Ausdrucksformen der schöpferischen Phantasie geschaffen: den Film und den<br />

Funk. Die Bewegungstechnik unseres letzten Jahrhunderts, die den bisherig<br />

gültigen Zeitraumbegriff aufhebt, sucht nach künstlerischer Formung. Der Film<br />

diente dem Auge und zwang ihm neue Gesetze auf. Der mächtig aufgeregte<br />

Sehsinn bedurfte eines organischen Ausgleiches in den neuen Erregungen des<br />

Hörsinns, die uns die Darbietungen des Radios boten. Wir sind begnadet, an<br />

diesen Kunstformen der neuen Zeit nicht nur mitarbeiten zu dürfen, sondern sie<br />

selbst erst mitschaffen zu helfen. Unter diesem Gesichtspunkt muß der Begriff<br />

des Dichters, der zu eng gezogen ist, erweitert werden. Auch die Niederschrift<br />

erschauter Bilder oder erlauschter und zur Sichtbarkeit sprachlich gezwungener<br />

Seelenvorgänge ist Dichtung. Wenn Herr Döblin von dem veränderten Medium<br />

spricht, so darf dieser Gedanke nicht etwa dazu verleiten, bestehende Dichtwerke<br />

einfach für den Rundfunk umzubilden, das heißt ein Drama oder eine Novelle als<br />

Sendespiel „umzuarbeiten“. Das würde nur zu einer Vergewaltigung der<br />

Kunstformen führen, die wir im Film als abschreckendes Beispiel noch immer<br />

beobachten können. Wir dürfen nicht die bestehenden Kunstformen umwandeln,<br />

sondern müssen versuchen, neue zu schaffen.<br />

Herr Arnold Zweig sprach vom Märchenerzähler. Für den Rundfunk gibt es nur<br />

einen Märchenerzähler: das ist der Reporter. Der erzählt uns wirklich das große<br />

Märchen unserer Zeit. (Zwischenruf Döblin: Das ist gut!)<br />

Diese Anschaulichkeit der Gegenwart läßt sich auch auf die Vergangenheit<br />

anwenden. In einer neuen Form historischer Funkreportage können wir vor allem<br />

unserer Jugend eine neue Geschichtsanschauung schaffen. Auch die Geographie<br />

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