pdf (559 KB) - Mediaculture online
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entstanden aus der Umkehrung, nur denen zu glauben, die mit einem leben,<br />
durch mündlichen Bericht gleichsam Bürgschaft leisten für die Echtheit des<br />
Erzählten, - dieses ur- epische Element ist es ja, das dem Zeitungsroman das<br />
riesige breite Publikum sichert. Ununterbrochen wünschen die Menschen<br />
gedeutet zu bekommen, was sie mitleben, im Gleichnis des Epischen. Das<br />
Epische ist nur der Versuch, die Welt durchs Ohr, vom Munde zum Ohr,<br />
transparent zu machen an einem konkreten Erlebnis. Dieses eine Erlebnis wird<br />
als Rückgrat der Fabel eingebaut in jedes Werk, das um so mehr Bestand haben<br />
kann, je einfacher die Geschichte ist, die erzählt werden soll, dieses eine Thema,<br />
das auseinandergenommen und ganz deutlich dargestellt werden kann. Sie<br />
können die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in vielen Bänden oder in<br />
einem einbändigen Roman erzählen. Das kann ein literarisch hochwertiges Buch<br />
sein, wird aber niemals ein für jeden Menschen über die Vergangenheit<br />
zurückgreifendes literarisches, sondern nur ein antiquarisches Interesse erregen.<br />
Wenn Sie aber einen Grimmelshausen nehmen, der das Schicksal erzählt, das<br />
wunderbare Schicksal eines damals lebenden Menschen - mit Eigenschaften der<br />
Form und Fabel, die auch dem „Don Quichote“ eigen sind - ; darstellend den<br />
immer wieder erneuten Versuch, ein und dieselbe Sache in die Welt zu bringen:<br />
etwa, aus dürftigstem Stande zu hohen Ehren zu kommen, oder als irrender Ritter<br />
Gerechtigkeit und Tugend in eine ganz anders geartete Welt zu bringen - : dann<br />
werden Sie Erfolg haben. Im Rundfunk können Sie nur das klassische Erzählen<br />
gebrauchen, das ein Schicksal bis in seine kleinsten Verästelungen im Tone<br />
menschlich untendenziöser und unübertriebener Wortfertigkeit dem Gehör<br />
darbietet.<br />
Meine Zeit ist um. Ich möchte nur noch einen Satz über die Zensur anbringen.<br />
Das von mir angeführte Erzählen kann nicht anders als improvisierend erfolgen.<br />
Diese Möglichkeit müssen Sie schaffen. Wir wissen vom Diktieren unserer<br />
epischen Arbeiten her, daß es geht. Hier, allein vor dem Mikrophon, können Sie<br />
viel einfacher, aber auch wesentlich eindrucksvoller reden als vor dem<br />
Stenogrammbuch der Sekretärin, - natürlich Menschen, die imstande sind, aus<br />
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