pdf (559 KB) - Mediaculture online
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Dinge, und der Übergang von der Essayistik in den Rundfunk ist daher<br />
ungezwungen möglich. Übrigens viel leichter möglich, als sich viele Vortragende<br />
des Rundfunks das denken: es muß in die Masse der Vortragenden das Gefühl<br />
hineingetragen werden, daß der Vortrag, auch der wissenschaftliche, den<br />
Charakter eines Essays, eines Literaturproduktes zu haben hat, daß man weder<br />
langweilig noch schwer zu sein hat: Die Rundfunkleiter mögen auf eine solche<br />
essayistische Schulung ihrer Vortragenden sehen. „Fröhliche Wissenschaft“ hat<br />
Nietzsche gesagt; das möge man den Vortragenden vorhalten. Selbstverständlich<br />
bleibt eine Riesenmasse von Essayistik unbrauchbar für den Rundfunk, bleibt<br />
dem Buch und der Zeitschrift reserviert.<br />
Ebenso leicht wie die Essayistik, die übrigens durch die Reportage zu einem<br />
machtvollen Bestandteil der Rundfunkdarbietungen werden kann, ebenso leicht<br />
kann die Lyrik in den Rundfunk eingehen. Die Übersetzung in die tönende<br />
Sprache liegt der Lyrik besonders. Kürze ist ihr von Natur eigentümlich; bleibt nur<br />
die Auswahl auf Einfachheit und Eindringlichkeit und die Anordnung rein<br />
technischer Art innerhalb eines Programms. Ich bin übrigens der Meinung, daß<br />
der Lyrik ein viel größerer Platz im Programm des Rundfunks eingeräumt werden<br />
kann; denn die Lyrik steht der Musik sehr nahe, sie spricht direkt an, wendet sich<br />
an das Gefühl, ruft an. Es kommt nur auf die richtige Anordnung und Auswahl in<br />
Verbindung mit musikalischen Darbietungen an. Ich möchte bei der Gelegenheit<br />
prinzipiell bemerken, daß ich nur einen Vortrag von Lyrik, nicht aber von einer<br />
anderen Literaturgattung durch den Verfasser selbst für wünschenswert halte.<br />
Meist ist es ein Verbrechen, und sachlich ist es ein Unsinn, denn der Autor hat<br />
mit dem fertigen Werk nichts mehr zu tun, und der Vortrag eines Werkes gehört<br />
einer anderen Kunstgattung an, der Sprechkunst oder der Gesangskunst. Nur zu<br />
einer kurzen Vorstellung, zu einer kleinen persönlichen Bemerkung, zu einem<br />
Stimmporträt kann ich die Anwesenheit des Autors bei der Sendung seiner Werke<br />
im Rundfunk billigen.<br />
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