pdf (559 KB) - Mediaculture online
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menschliche Seelen zu träumen vermögen; alle Wirklichkeit ist schal und blaß<br />
davor, und sie gehen durch den unausschöpflichen Zauber geträumter<br />
Landschaften oder in der Grausigkeit des Alpdruckes oder durch die schillernde<br />
Farbigkeit gläserner Luftschlösser - unwirklich - überwirklich; und daß sie<br />
erwuchsen und aus dem Dunkel sich schälten mit schwellender Leuchtkraft auf<br />
tausend und aber tausend Bühnen, von denen eine jede nur einen einzigen, tief<br />
versunkenen Zuschauer hat - : dies ganze Zauberwerk, meine Herren, ist<br />
abhängig von dem Maße, in dem der Regisseur durch alles, was klingt, der<br />
gewaltigsten menschlichen Kraft, der phantasierenden und träumenden<br />
menschlichen Seele Geburtshelfer zu sein vermag. Sie versetzt nicht nur Berge,<br />
sondern sie türmt sie sogar! Falsche Töne, - und nichts entsteht; ein falscher<br />
Ton, - und die ganze entstandene Herrlichkeit sinkt in Dunkelheit zusammen.<br />
In der Schule lernten wir, daß auf den primitiven Bühnen Shakespeares und der<br />
Antike ein großer Teil der Sichtbarkeitselemente ebenfalls der Phantasie des<br />
Zuschauers überlassen gewesen sei, daß sie Rom römischer erbaut und starre<br />
Masken innerlicher habe weinen und lachen lassen, als heute Leinwand oder<br />
nacktes Schauspielerantlitz es vermögen; und wenn nicht alles trügt, sucht die<br />
jüngste Regiekunst heute wiederum den Rückweg aus einer Bühnenform, die sich<br />
des Zuschauers allzusehr nicht als eines mitschaffenden, seelenhaften<br />
Lebewesens, sondern einer zwar fühlenden, aber eben doch nur registrierenden<br />
photographischen Platte bedient hatte.<br />
Wenn sich vor dem Zuschauer im Schauspiel der Vorhang hebt, so sieht er eine in<br />
Licht, Form und Farbe gestaltete Örtlichkeit, in der die Szene abrollen wird. Der<br />
Regisseur suchte entweder das von ihm aus der Dramenpartitur erkannte innere<br />
Örtlichkeitsbild des Dichters zu gestalten, oder er folgte unmittelbaren<br />
Anweisungen, die der Dichter gab. Der Beginn einer Aufführung des gleichen<br />
Dramas auf der Hörbühne ist nichts als ein Gongschlag, und wollte man nun vor<br />
dem Ohr des ins Dunkle lauschenden Hörers einfach eine Bühnenanweisung<br />
sprechen lassen, so kann man zwar seinem Verstande vermitteln, was er sich als<br />
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