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pdf (559 KB) - Mediaculture online

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oder gegen die Meinung des Redners zusammenschließen. So entprivatisiert man<br />

den Hörer und erzielt eine in Zustimmung und Widerspruch aufgeteilte Masse.<br />

Es ist gegen die Form des polemischen Rundfunkvortrages vieles eingewandt<br />

worden, Kluges und Dummes. Kluges, wenn man sagte: der Hörer kann sich<br />

gegen die aggressive Rede nicht wehren, er kann nicht, wie in der<br />

Volksversammlung, sofort widersprechen. Er kann weder Beifall noch<br />

Widerspruch kundgeben. Der Gedankengang ist folgender: man dürfe den Hörer<br />

nicht vor den Kopf stoßen, weil er nicht die Möglichkeit habe, unmittelbar zu<br />

reagieren, sich von einem unwillkommenen Eindruck zu befreien. Ich verstehe<br />

diese Argumente, aber ich kann ihnen nicht zustimmen. Ich glaube, man kann<br />

inhaltlich sehr viel wagen, wenn man in der Form nicht verächtlich wird. Ich<br />

glaube, man kann, wenn man mit einem angenommenen oder wirklich<br />

vorhandenen Gegner polemisiert, dem Hörer vieles nahebringen, was ihm sonst<br />

nur in langweiliger akademischer oder in anbiedernd feuilletonistischer Weise<br />

eingetrichtert werden könnte. Das polemische Essay spannt den Hörer, zieht ihn<br />

in einen dramatischen Vorgang hinein, zwingt ihn zu aktiver Teilnahme. Das<br />

Thema des Vortrages beschäftigt den Hörer. Er kann ihm nicht entrinnen; sogar<br />

dann, wenn der Hörer ablehnt, wenn er tobsüchtig widersprechen möchte, wenn<br />

er von einer Meinung nichts wissen will, sogar dann beschäftigt sie ihn mehr,<br />

wenn sie ihm kämpferisch, als wenn sie ihm belehrend gesagt wird. Jede Schärfe<br />

ist erlaubt, nur nicht der Hohn, der persönlich aufgefaßt werden könnte. Deshalb<br />

ist Kritik, deshalb ist Politik im Rundfunk nicht nur möglich, sondern sogar<br />

notwendig.<br />

Von hier aus scheint es mir weniger wichtig zu sein, ob der Vortrag gelesen oder<br />

frei vorgetragen wird. Wenn nicht die akademische Betrachtung, nicht das<br />

weitläufig geschriebene Essay, nicht der gediegene, mit komplizierten<br />

Konstruktionen beladene Aufsatz gewählt wird, sondern nur kurze, knappe Sätze<br />

in klaren und einfachen Formulierungen, dann kann man, glaube ich, ruhig zur<br />

schriftlichen Festlegung übergehen. Das Ideal müßte natürlich der freie, dem<br />

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