pdf (559 KB) - Mediaculture online
pdf (559 KB) - Mediaculture online
pdf (559 KB) - Mediaculture online
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
http:/ /www.mediaculture- <strong>online</strong>.de<br />
nachdem wir uns über bestimmte Passagen geeinigt hatten, unverkürzt durch. Er<br />
wurde von einigen Seiten in der Presse daraufhin angegriffen, aber im großen<br />
und ganzen hat man mich dieses Erlebnis so aussprechen lassen, wie ich es<br />
vorhatte. Die dritte Rede nun, die ich nach diesem Vorgange frei hielt, war die<br />
Lessingrede für die Stadt Berlin, bei der ich vorher mitgeteilt hatte, ich würde<br />
mich an die Gedanken meines Lessingessays in dem Buche „Lessing, Kleist,<br />
Büchner“ halten. Ich charakterisierte scharf den Revolutionär Lessing und seine<br />
Gegenspieler in der heutigen Zeit, worauf wiederum bestimmte Teile der<br />
Öffentlichkeit angriffslustig reagierten. Aber den Berliner Rundfunk ließ dies<br />
ruhig und unbeeinflußt. Wir haben hier also Fälle, in denen keine Zensur des<br />
geschilderten Sinnes ausgeübt wurde, wie sie ja auch für uns unerträglich wäre.<br />
Dagegen muß ich kurz die Geschichte eines Vortrages erwähnen, den Werner<br />
Hegemann in Berlin für eine Siedlungsgesellschaft halten sollte. Hegemann ist -<br />
außer daß er ein großer Schriftsteller ist - Stadtbaumeister und arbeitet gerade an<br />
einem großen Buche über das „Steinerne Berlin“. In Zusammenhang damit lief er<br />
in jenem Vortrage Sturm gegen den alten Bebauungsplan Berlins, der vor siebzig<br />
Jahren von einem Mann, der lange tot ist, erdacht worden war. Dieser Mann fand<br />
einen posthumen Anwalt in einem Rundfunkzensor: Hegemann wurde dieser<br />
ganze breite Passus gestrichen, obwohl sein Angriff vollkommen gerechtfertigt<br />
war. Ich weiß, daß der Vortrag kein Reklamevortrag in jenem Sinne war, der<br />
irgendeine Sache oder ein Lebensmittel anpreist, sondern daß es sich in diesem<br />
Vortrag um Werbung für das Siedlungswesen, einen wichtigen Kulturgedanken<br />
handelte. Wir wenden uns nun nicht gegen jegliche Zensur, wir wollen aber nicht,<br />
daß beliebige Leute ohne Kontrolle solche Zensur ausüben. Es muß eine Stelle<br />
geschaffen werden, zu der wir gehen können und sagen: Hier liegen Eingriffe in<br />
das Manuskript vor, die nicht geduldet werden können. Zensur hinter den<br />
Kulissen darf nicht getrieben werden. Wir lassen uns gern beraten und wollen<br />
gerne mitarbeiten; was wir aber nicht zulassen können, ist die unzuständige<br />
Einmischung einzelner Beamter oder Personen, die von ihrem subjektiven<br />
Empfinden her eine Sache für „unmöglich“ oder „unerlaubt“ halten.<br />
57