pdf (559 KB) - Mediaculture online
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Meine Herren, manche von Ihnen werden meinem Versuch, von der Hörbühne<br />
und dem Schaudrama auf ihr zu sprechen, erstaunt etwas wie eine Parteinahme<br />
für eben diese Bühne entnehmen, und so will ich zum Schluß ein volles<br />
Geständnis nicht scheuen. Ich habe von einem eigenen Werk eine ganze Reihe<br />
von Bühnendarstellungen teils mitwirkend gesehen, teils sehen müssen, darunter<br />
zwei, die an sich zu den berühmtesten Aufführungen ihrer Zeit gehörten, die<br />
zweite Aufführung des Tantris bei Brahm und die Burgtheateraufführung mit<br />
Kainz; und es hat mich fast erschreckt, als ich vor zwei Jahren für mich feststellen<br />
mußte, daß ich in einer Höraufführung die erste vollkommene Wiedergabe der<br />
Dichtung zu erleben glaubte. Noch verwirrter und erschrockener war ich damals,<br />
als zwei Kritiker, unter Berufung auf verschiedene ihnen bekannte Aufführungen,<br />
unter denen sich auch jene beiden erwähnten befanden, für ihre Person die<br />
gleiche Feststellung machten. Inzwischen haben sich solche Äußerungen über<br />
dieses oder jenes Drama durch diesen oder jenen Hörer gehäuft; aber ich möchte<br />
meine im Letzten auf das Hörspiel hinzielende Werbung für die Hörbühne nicht<br />
beschließen, ohne ein Zeugnis anzufügen, das mir um der Person und um des<br />
Werkes willen von äußerster Wichtigkeit zu sein scheint.<br />
Ich hatte im Juli mit einigem Bangen den Versuch unternommen, den Hamlet auf<br />
der Hörbühne zu inszenieren. Der mir persönlich unbekannte Schmidtbonn<br />
schrieb mir, die Aufführung habe ihm das Werk näher gebracht als alle<br />
Hamletaufführungen, die er in seinem Leben gesehen. Ich bat ihn, dem<br />
deutschen Funkregisseur und der Hörbühne den unendlich wertvollen Dienst zu<br />
erweisen, einmal genau zu schildern, auf welchen Eindrücken dieses sein Erleben<br />
beruht habe. Ich zitiere ein paar Sätze aus seiner eben im Druck befindlichen<br />
Antwort, einem Aufsatz, den er „Theater ohne Augen“ betitelt hat:<br />
„Man zweifelt die Fähigkeit der Klassiker, selbst Shakespeares an, lebendig zu<br />
bleiben für unsere Tage. Das ist sicher, daß, je mehr die Schaubühne äußere<br />
Mittel anwendet, die Klassiker am Leben zu erhalten, sie desto schneller<br />
hinsterben. Sie sterben daran, daß das Wort in ihnen gemordet ist . . . Der<br />
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