pdf (559 KB) - Mediaculture online
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Drama<br />
Ernst Hardt:<br />
http:/ /www.mediaculture- <strong>online</strong>.de<br />
Meine Herren! Die schon gestern erwähnte seltsame Eigenschaft des Rundfunks,<br />
nicht etwa nur kühl den reinen physikalischen Ton zu übertragen, sondern im<br />
Gegenteil auf eine fast mirakulöse Weise die feinen und feinsten seelischen<br />
Modulationen und Spannungen. des Tones - im Falle der Dichtkunst also des<br />
gesprochenen Wortes - eindeutiger und eindringlicher vor unserer<br />
Aufnahmefähigkeit erklingen zu lassen, als sie innerhalb der sichtbaren Welt<br />
klingen, verlockte den Rundfunk von Anbeginn, Werke der Dichtung und<br />
insonderheit der dramatischen Dichtung zu verbreiten. Die Wirkungsgesetze der<br />
neuen Bühne, der Hörbühne oder des „Theaters ohne Augen“, wie Schmidtbonn<br />
sie genannt hat, ließen ihren Regisseur sehr bald von einer neuen dramatischen<br />
Kunstform sprechen, die Hörspiel genannt wurde, und über die Sie in der<br />
Funkliteratur unzählige theoretische Erörterungen finden können. Über diese<br />
vorerst noch mehr erträumte als erkannte oder gar geschaffene Kunstform habe<br />
ich nicht zu Ihnen zu sprechen, sondern recht eigentlich über die Gesetze und<br />
Regeln dieser neuen Bühne und über die Art und Weise, in der der Funkregisseur<br />
es vollbringen kann, ein für die Schaubühne geschaffenes Werk für die Hörbühne<br />
einzurichten. Diese seine künstlerische Arbeit offenbart, glaube ich, am besten<br />
auch die Regeln und Gesetze der erhofften neuen dramatischen Form. Vor allem<br />
scheint mir folgende Erkenntnis wichtig zu sein: die Entwicklung unserer<br />
Bühnenkunst hat dazu geführt, daß der Regisseur, der die ihm überreichte<br />
dramatische Wortpartitur zu sinnlicher Wahrnehmung auf der Bühne erlösen soll,<br />
ein so hohes Maß der sinnlichen Verwirklichung anstrebt, daß der Phantasie des<br />
Zuschauers am liebsten gar nichts mehr selbst zu gestalten übrigbleibt. Welchen<br />
Stil das zu gestaltende Drama auch haben mag - der Regisseur strebt, seine<br />
Leiblichkeit mit so plastischer Greifbarkeit zu gestalten, daß die aufnehmenden<br />
Sinne des Zuschauers gerade dann die Vollkommenheit der Regie bestätigen,<br />
wenn die Bühnenwirklichkeit sie mit solcher Wucht trifft, daß jede nachschaffende<br />
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