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pdf (559 KB) - Mediaculture online

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musiziert, wirklich am allerbesten für den Sender geeignet wäre. Wir sind längst<br />

nicht mehr fähig, langhinrollende Strophen aufzunehmen. Wenn wir aber<br />

tatsächlich Lyrik durch den Rundfunk senden wollen - und man soll es tun, mehr<br />

als bisher, mit größerem Wagemut, wir bitten darum: denn auch die lyrische<br />

Stimme bezeugt die Zeit und den gegenwärtigen Menschen - , wenn wir also Lyrik<br />

senden, werden wir zunächst eine nur schmale Hörerschaft unter dem<br />

vorhandenen Publikum treffen, wir werden uns erst ein eigentliches Publikum zu<br />

schaffen haben, eine Rundfunkaufgabe von großer Bedeutung, eine<br />

ohrenschärfende Aufgabe. Ist erst eine gewisse Übung im Sendestil, in der<br />

Instrumentierung und im Hören erreicht, das Bedürfnis nach lyrischer Wortkunst<br />

geweckt, dann werden die Hörer Lyrik nicht leicht entbehren wollen.<br />

Was nun den Vortrag lyrischer Dichtung anlangt, so möchte ich dafür eintreten,<br />

daß der Verfasser möglichst selbst spricht, weil er, nach meinem Dafürhalten, die<br />

genaue rhythmische Vorstellung seines Gedichtes hat, die kaum ein Sprecher<br />

haben kann, und weil er dem Gedicht etwas Persönliches, gleichsam etwas<br />

Mutterwärme mitgeben kann, Lebendigstes.<br />

Das reine Stimmungsgedicht wird wegen seiner Stille, der außerordentlichen<br />

Intimität seines Zaubers nicht so recht zweckdienlich sein, es müßte denn sich<br />

auszeichnen durch scharf umrissene bildliche Vorstellungen, durch reiche, nicht<br />

verschwimmende Klänge und Farben, und durch die Triebkraft wechselnder,<br />

unruhiger Rhythmen: seine plastischen Klangfiguren müßten sich spontan als<br />

plastische Hörfiguren dem Ohr des Empfängers einprägen. Zu vermeiden ist<br />

wahrscheinlich das rhythmisch eintönige Gedicht, in dem heimlicher<br />

Leierkastentakt schwingt, also das registerarme Versgebilde und das abstrakte<br />

Gedicht, das sich an den Intellekt wendet.<br />

Von den edlen Bastardformen der Lyrik werden Sinngedicht und Epigramm ihre<br />

Sendetauglichkeit durch Witz, Kürze, Schlagkraft erweisen. Von den unedlen<br />

Bastardformen der Lyrik werden zweifellos die Anekdotenlyrik und die<br />

humoristische Lyrik, die Couplets und Songs, an Wirkung jene übertreffen, was ja<br />

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