pdf (559 KB) - Mediaculture online
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einer einfachen und leichtverständlichen Form über irgendeine Sache belehrt.<br />
Beim Interview und beim wirklichen Dialog aber, bei dem zwei verschiedene<br />
Einstellungen zu einem Problem sich auseinandersetzen und damit den Hörer<br />
zum Nachdenken anreizen, wird zum Unterschied vom Essay der Zuhörer direkt<br />
nicht angeredet. Die Redner wenden sich nicht an jeden einzelnen des<br />
Zuhörerkreises, ja, sie kümmern sich sogar nicht um ihn. Sie diskutieren und<br />
erlauben anderen, Fremden, Unbekannten, zuzuhören. Hier erscheint es noch<br />
klarer und natürlicher, daß ein solches Gespräch auch wirklich ein<br />
augenblicklicher Meinungsaustausch sei. Wenn, wie das oft noch im Rundfunk<br />
geschieht, ein Dialog Satz für Satz festgelegt und niedergeschrieben wird, um<br />
dann vor dem Mikrophon abgelesen zu werden, dann bedeutet das nichts<br />
anderes als ein Hörspiel, dazu noch ein Hörspiel, das meist schlecht probiert und<br />
von Laien gesprochen wird; deshalb hat man beim Hören auch abgelesener<br />
Dialoge, selbst wenn der Inhalt geistvoll und interessierend ist, stets ein<br />
persönliches Gefühl von Dilettantismus. Vom Dialog gilt also noch in viel<br />
höherem Maße als vom Essay: er muß sich frei vor dem Mikrophon entwickeln.<br />
Hier machen sich zwei Bedenken geltend. Zunächst einmal können einer oder<br />
auch beide Gesprächspartner vom Thema abschweifen, irgendein Nebengedanke<br />
erscheint den beiden im Augenblick interessant, und sie vertiefen sich so hinein,<br />
daß das Thema selbst nach Ablauf der Zeit kaum erörtert wurde. Dann kann es<br />
aber auch passieren, daß die beiden gerade in ungeeigneter Stimmung sind,<br />
ebenso wie auch sonst ein Gespräch zwischen gleichen Partnern einmal geistvoll,<br />
ein andermal seicht verläuft. Man könnte dem Rundfunk dann den Vorwurf<br />
machen, sein Mikrophon einer gleich gültigen Unterhaltung zur Verfügung<br />
gestellt zu haben. Die erste Schwierigkeit ist, glaube ich, leicht zu überwinden,<br />
wenn beide Partner sich vorher zwar nicht vorbereiten, sich aber doch so weit klar<br />
werden, daß jeder das Resultat, auf das er hinauskommen will, dem anderen<br />
bekannt gibt. Mit dieser Zielsetzung wird vermieden, daß das Gespräch zerläuft.<br />
Die zweite Gefahr wollen wir gern in Kauf nehmen. Sie wird nicht sehr groß sein,<br />
wenn es uns gelingt; wirklich bedeutende Köpfe zusammenzubringen.<br />
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