pdf (559 KB) - Mediaculture online
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Ich glaube auch nicht, daß es richtig ist, wenn hier alternativ von dem hörenden<br />
und dem sehenden Menschen gesprochen wurde. Meine Herren! Das, was den<br />
Vortragssaal vom Rundfunk scheidet, ist etwas ganz anderes als bloß das Sehen!<br />
Das ist der berühmte Kontakt zwischen dem Vortragenden und dem Hörer!<br />
Kontakt ist nicht bloß das Sehen, sondern contingere heißt berühren, und deshalb<br />
faßt man den Mann, den man überzeugen will, am Rockknopf und legt ihm die<br />
Hand auf die Schulter. Daß der Kontakt nicht bloß das Sehen ist, erkennen Sie<br />
auch hieraus: wenn die erste Stuhlreihe zehn Schritte von mir entfernt ist, so ist<br />
der Kontakt nicht hergestellt, ja, er ist vom besten Sprecher nicht zu erreichen.<br />
Das Wesen des Kontaktes liegt also nicht bloß darin, daß die Hörerschaft sieht,<br />
sondern offenbar in noch etwas anderem, meinethalben einem Fluidum.<br />
Es ist von einem Vorredner von einem Kollektiverlebnis gesprochen worden.<br />
Gewiß: die Hörerschaft selbst regt sich auf und begeistert damit den Redner.<br />
Ich glaube, abschließend sagen zu können, daß das Vortragsding in Versen die<br />
Ballade, in Prosa die Novelle ist, und damit ist auch gesagt, daß nur diese beiden<br />
aus dem Gebiete des Schrifttums sich für den Rundfunk eignen.<br />
Dr. Fulda: Ich möchte noch einmal kurz auf die Frage der Zensur zurückkommen,<br />
die zwar hier angeschnitten, aber keineswegs geklärt worden ist. Ich wundere<br />
mich über die Auffassung, die Herr Alfons Paquet an den Tag gelegt hat, wonach<br />
er ohne weiteres im Rundfunk improvisieren konnte. Das ist nach meinen<br />
Erfahrungen etwas ganz Neues. Gerade die vielfache Anregung, daß im Rundfunk<br />
nicht bloß von dem Papier abgelesen werden soll, sondern daß dem spontanen<br />
Empfinden die Möglichkeit gegeben werden soll, sich zu entfalten, dies ist nach<br />
meiner Kenntnis bei der bisherigen Handhabung der Zensur nicht der Fall. Ich<br />
kann sagen, daß ich überall, wo ich bisher gesprochen habe - in Berlin und auch<br />
an anderen Sendern - , veranlaßt wurde, mein Vortragsmaterial vorher<br />
einzureichen, und zwar jedes einzelne Gedicht, das ich sprechen wollte.<br />
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