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Dr. von Boeckmann: Die Diskussion ist zwar inzwischen zu anderen Problemen<br />
übergegangen. Ich möchte aber noch einmal an die Worte von Herrn Zweig<br />
erinnern. Daß der Rundfunk Aufträge gibt, ist selbstverständlich und wohl<br />
unbestritten. Fraglich ist nur, wem er sie gibt. Keinesfalls darf es uns bei<br />
Aufträgen oder Engagements nur auf die Namen ankommen, denn der<br />
prominente Name allein verbürgt durchaus nicht die funkische Qualität. Wichtig<br />
muß uns vor allem sein die unmittelbare lebendige Mitarbeit des Autors bei uns.<br />
Nur dann, wenn wir den Autor und der Autor uns richtig kennenlernt, kann auch<br />
das wirkliche Hörspiel entstehen.<br />
Ich habe mir gestern den Spaß gemacht und herumgefragt, wer denn eigentlich<br />
von Ihnen überhaupt Rundfunk hört. Da habe ich überall zur Antwort bekommen:<br />
ich nicht. Ja, meine Herren, wie wollen Sie denn über etwas urteilen oder für<br />
etwas schreiben, was Sie gar nicht kennen! Sie täuschen sich über das Ausmaß<br />
spezifischer Eigenarten der akustischen Formenwelt. Bitte, meine Herren, werden<br />
Sie Rundfunkhörer, dann werden Sie auch Rundfunkdichter!<br />
Ernst Hardt: Noch ein Wort über das Auftragerteilen, weil mir in den<br />
ausgezeichneten historischen Erinnerungen von Herrn Zweig doch ein tiefer<br />
Irrtum zu stecken scheint. Man konnte früher in der Malerei, der Musik, der<br />
Bildhauerei und auch der Dichtkunst einen Auftrag erteilen, weil da nämlich das,<br />
was man von dem Künstler haben wollte, etwas Selbstverständliches war, nämlich<br />
der an einen großen Kollektivismus gebundene Stoff. Man bestellte einfach eine<br />
Madonna, und der Künstler brauchte gar keinen Einfall zu haben, die Köstlichkeit<br />
seines Bildes lag in seinem persönlichen Können. In unserem<br />
Glaubenskollektivismus und unserer Heldengeschichte lebt ein solcher allgemein<br />
gültiger Stoff nicht mehr. Wir müssen von dem Künstler, dem man einen Auftrag<br />
dichterischer Art erteilt, etwas anderes verlangen, nämlich gerade einen Einfall.<br />
Den muß er haben, sonst ist sein Werk nichts. Der Künstler aber ist heute auf den<br />
individuellen Einfall gestellt, und die Werke, die wir durch Auftrag bekommen,<br />
sind leider einfallslose Werke. Denn das „Können“ läßt sich wohl willkürlich<br />
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