Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
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((Ü1)) <strong>Meditationen</strong> <strong>der</strong> <strong>Stille</strong><br />
((Ü2)) Der kontemplative Weg<br />
Die Meditation <strong>der</strong> <strong>Stille</strong>, das kontemplative Beten, steht ganz im Zentrum meines Gebetswegs. Sie<br />
kann täglich gepflegt o<strong>der</strong> geübt werden. Aber wer wirklich in die Tiefe dieser Art des Sich-Einlassens<br />
mit Gott vordringen will, wird kaum umhin kommen, sich zuweilen ganz intensiv mit diesem Weg zu<br />
beschäftigen. Eine Möglichkeit besteht darin, dass man sich mindestens acht Wochen reserviert und<br />
täglich zwei Mal dreißig Minuten lang bei den verschiedenen Übungen verweilt, als Exerzitien im<br />
Alltag, wobei es fast unerlässlich ist, sich mit jemandem auszutauschen. Am besten ist es, wenn man<br />
sich zwischendurch fünf bis vierzehn Tage herausnimmt und sich zurückzieht, um sich ganz und gar<br />
Zeit zu nehmen für die strengeren kontemplativen Exerzitien. Das heißt, dass man in dieser Zeit we<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Bücher liest, noch – abgesehen vom geistlichen Begleiter – mit jemandem spricht. Wenn man<br />
am Anfang bewusst das Handy und den Laptop übergibt, eventuell die Geldbörse und die Kreditkarte<br />
und sich vielleicht auch für ein körperliches Fasten entscheidet, wird man leichter in die Tiefe<br />
kommen. Das ist für uns, die wir gern vielen Reizen von außen ausgesetzt sind und mit Musik, Radio,<br />
Film, Kommunikation und Mobilität leben, nicht so einfach, aber wer eine solche Zeit durchlebt,<br />
durchliebt und durchlitten hat, wird danach auf einer ganz an<strong>der</strong>en Ebene im Leben stehen als vorher.<br />
Diesen Weg <strong>der</strong> strengeren Exerzitien sollen aber nur jene beschreiten, die gesund und selbstständig<br />
sind und es in ihrem Herzen als Sehnsucht spüren, achtsam in eine neue Tiefe des Menschseins<br />
vorzudringen.<br />
Viele Menschen sind auf diesem Jesusweg und pflegen mehr o<strong>der</strong> weniger unbewusst kontemplative<br />
Elemente. Wenn mir etwa als Kind das Spielen mit meinen Nachbarskin<strong>der</strong>n zuviel wurde, ging ich<br />
oft in den Wald, spazierte stundenlang herum, saß an Flüssen o<strong>der</strong> baute Sandburgen. Auch in den<br />
Ferien saß ich immer wie<strong>der</strong> einfach nur am Strand, ohne viel zu wollen. Ich bin von Natur aus sehr<br />
aktiv, und wenn ich so saß, war es kein Dösen o<strong>der</strong> Schlafen, es war einfach ein Dasein. Früher tat ich<br />
das ganz natürlich, ohne viel zu überlegen. Eigentlich wurde bereits dort das Fundament zu meiner<br />
Kontemplation gelegt – ohne etwas zu wollen, einfach wach da zu sein. Heute fällt es mir oft schwerer<br />
nur wahrzunehmen, da auch ich ein Kind dieser Welt bin und die Leistungsorientiertheit, welche<br />
sicher nicht nur schlecht ist, ihre Spuren in meinem Leben hinterlässt. Daher ist es für mich umso<br />
wichtiger, bewusste Zeiten des kontemplativen Übens einzubauen und zu pflegen.<br />
Die wichtigen Gestalten <strong>der</strong> Bibel wie Mose, Johannes <strong>der</strong> Täufer und Jesus, waren Naturmenschen.<br />
Moses Begegnungen mit Gott waren geradezu Naturereignisse: Mit Gottes Hilfe gelingt es Mose, das<br />
Meer zu teilen und zu durchschreiten und auf dem großartigen Berg Sinai erhält er die Gesetzestafeln<br />
für sein Volk, das Erlebnis in <strong>der</strong> Wüste ist prägend für ihn. Auch für Johannes und Jesus war die<br />
Wüste für ihre Gotteserfahrung von großer Bedeutung. Jesus verwendet zudem in einem Großteil<br />
seiner Gleichnisse Bil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Natur, wie etwa im Gleichnis vom Sämann, von den Lilien auf dem<br />
Feld o<strong>der</strong> vom Weizenkorn. (vgl. Mt 6, 28, Mt 13,.3 und Joh 12,25)<br />
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