Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
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alle Namen erhaben ist, wie es im Philipperhymnus besungen wird. Denn seit dem Ostermorgen<br />
begann die Erfahrung und <strong>der</strong> Glaube, dass Jesus lebt und durch seine Auferstehung und Himmelfahrt<br />
über alle Geschöpfe erhoben wurde, da er zur Rechten Gottes thront, wie die Kirche seit Anbeginn<br />
glaubt.<br />
((Ü3)) Kontemplation, Gebet und die Leere<br />
Der Weg <strong>der</strong> Kontemplation ist tiefster Ausdruck für den Glauben, dass Gott selbst die Leere füllt.<br />
Wenn Er dies tut, dann sollten wir es wagen, vor Ihm auch am Ort <strong>der</strong> Begegnung, eben im Gebet leer<br />
zu werden. Denn ohne durch den Weg <strong>der</strong> Leere zu gehen, wird man wohl nur schwer die letzte Stufe<br />
des Gebetes erlangen. Diese Stufe hat ganz viel mit <strong>der</strong> natürlichen Integration des Glaubens in den<br />
Alltag zu tun. Die Entwicklung im Gebet beginnt oft bei auswendig gelernten, gesprochenen Gebeten<br />
wie dem Vaterunser, Schutzengel mein o<strong>der</strong> dem Gegrüßet seist du Maria. In <strong>der</strong> Pubertät kommt die<br />
Sinnfrage, das Nachdenken über die Zusammenhänge in <strong>der</strong> Welt dazu. Häufig beginnt man nun,<br />
eigene Gebete frei zu formulieren. Bald kommen Schriftbetrachtung und selbstkritisches Denken dazu,<br />
das Übereinstimmen <strong>der</strong> Gefühle und des Lebens. Es kann zu Rebellion und Auflehnung gegen Gott<br />
kommen, bis <strong>der</strong> Mensch dann mehr und mehr zu einer immer reineren Hingabe zu Gott wächst.<br />
Später kann sich dies verdichten und in einem einzigen Zustand konzentrieren. Das Gebet för<strong>der</strong>t dann<br />
die Liebe, Hingabe und Lobpreis. Die Kirchenväter betrachten dies als ganzheitlichen Zustand, als die<br />
Anschauung Gottes: Alles darf sein und alles fließt zu Ihm hin. Der Mensch wird in diesem liebenden<br />
Schauen eins mit Ihm. Hier, in diesem ausharrendem stillen Schauen, ist die Schwelle <strong>der</strong><br />
Kontemplation. Es ist die aktive Kontemplation, wir können uns ihr nur widmen, denn über die<br />
Schwelle zur reinen Kontemplation hinaus vermögen wir nicht selbst zu gehen. Da trägt <strong>der</strong><br />
Bräutigam unsere Seele selbst hinüber, wir können nur liebevoll an <strong>der</strong> Schwelle warten und wachen.<br />
Jede Stufe braucht ihre Zeit und auch <strong>der</strong> Mystiker wird immer wie<strong>der</strong> in demütig vertrauensvoller Art<br />
alte, vorformulierte Gebete sprechen. An dieser Schwelle ist das Gesetz des Leerwerdens in seiner<br />
tiefen Bedeutung erfahrbar – nur wer gestorben ist, kann auferstehen. Nur wer alles hingegeben hat,<br />
kann alles empfangen. Nur was Gott geopfert wird, kann verwandelt und in <strong>der</strong> Kommunion verklärt<br />
und zurückgeschenkt werden. Wer immer wie<strong>der</strong> zur Schwelle <strong>der</strong> Armut gelangt, wird auch im<br />
aktiven Leben durchdrungen von Christi Liebe und in seiner Gegenwart leben. Das Ausharren an<br />
dieser Schwelle for<strong>der</strong>t aber den schrittweisen Verzicht darauf, stille Gebete in Gedanken zu sprechen<br />
und den eigenen Gedanken nachzuhängen o<strong>der</strong> mit Gefühlen und Phantasien zu spielen.<br />
Wenn jemand heute fragen würde: »Wie kann ich am besten Gott anbeten? Wie kann ich mich am<br />
besten in Gott hineingeben, um das Reich Gottes zu gewinnen?«, so würde Jesus vielleicht antworten:<br />
»Halte eine Betrachtung über den Sinn deines Lebens, gehe die Sünden deiner Vergangenheit durch,<br />
und bekehre dich zum Weg <strong>der</strong> Gebote. Dann nimm das Evangelium, betrachte es und schreite von<br />
Tugend zu Tugend voran. Beschäftige dich mit <strong>der</strong> Verwandlung deines Charakters, und vertiefe dich<br />
in die Muster deiner Psyche, und versuche so, deine unbewussten Konflikte anzupacken.« Vielleicht<br />
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