Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
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geglaubt wird.) Das Christentum geht davon aus, dass Jesus <strong>der</strong> ewige Sohn des Weltenschöpfers ist,<br />
ganz Mensch und ganz Gott. Ich weiß, wie gefährlich solche dogmatischen Aussagen sind, weil Gott<br />
und Jesus nochmals ganz und gar an<strong>der</strong>s sind. Ich weiß auch, dass die wenigsten Christen wohl<br />
erahnen, was dahinter wirklich steht. Wenn wir es zu erahnen beginnen, stellt das die ganze Ordnung<br />
unseres Lebens auf den Kopf, ja nicht nur die Ordnungen unseres Lebens, son<strong>der</strong>n die Gesetze <strong>der</strong><br />
Schöpfung und sogar des Kosmos. Macht – dienen, richtig – falsch, gut – böse, klein – groß, männlich<br />
– weiblich, ja alle Fragen <strong>der</strong> Polarität werden ins Wanken und in die Wandlung kommen. Je mehr ich<br />
von dieser ganzheitlichen Sicht durchdrungen werde, umso mehr teile ich den Glauben des Apostels<br />
Paulus, <strong>der</strong> im Römerbrief schreibt: „Denn aus ihm (Christus) und durch ihn und auf ihn hin ist die<br />
ganze Schöpfung. Ihm sei Ehre in Ewigkeit!“ (Röm11,36) Diese Ganzheitlichkeit zeigt sich auch in<br />
<strong>der</strong> Liturgie, wenn <strong>der</strong> Priester bei <strong>der</strong> Darbringung <strong>der</strong> Gaben mit erhobenem Hostienschale und<br />
Kelch betet: „Durch ihn und mit ihm und in ihm." Es wird zum Ausdruck gebracht, dass dieser Jesus<br />
selber mitten in die Schöpfung und unter die Menschen kam, einerseits weil er unter den Menschen<br />
sein wollte und an<strong>der</strong>erseits weil Gott wusste, was die Menschen durch Sünde alles anrichten können.<br />
Das ist <strong>der</strong> erlösende Glaube, dass bei Christus alle Fehler und Sünden, die ihm in <strong>der</strong> Reue<br />
hingehalten werden, Vergebung und Heilung finden; dass uns <strong>der</strong> Heilige Geist neu geschenkt wird<br />
und uns zeigt, wie wir aus <strong>der</strong> Gnade unsere falschen Wege wie<strong>der</strong> zu Wegen des Heils werden lassen<br />
können. Gott hätte den Menschen sicher nicht ihr eigenes Geschick, das <strong>der</strong> Schöpfung, ja des Kosmos<br />
anvertraut, wenn er ihnen nicht zugleich seinen Sohn geschenkt hätte mit <strong>der</strong> bedingungslosen Liebe,<br />
die bis zum Kreuz geht. Der kleine Blick des Menschen auf den Gekreuzigten verbunden mit dem<br />
Wunsch zur Umkehr reicht, damit die Quellen des Erbarmens neu über ein Leben strömen. Diese<br />
Gnade bewegt, wenn man sie immer wie<strong>der</strong> zulässt, den Menschen zum Willen <strong>der</strong> Liebe. Zuerst den<br />
einzelnen Menschen, dann die Mitmenschen, die Mitnatur und letztlich auch den Teil des Kosmos, <strong>der</strong><br />
mit uns verbunden ist.<br />
Wie <strong>der</strong> Mensch im Kosmos verankert ist, bleibt letztlich eine Glaubenssache.<br />
Anschaulich und greifbar wird dies in Bil<strong>der</strong>n und Vergleichen. Ein Freund verdeutlichte mir das<br />
anhand <strong>der</strong> menschlichen Wirbelsäule, die in verblüffen<strong>der</strong> Weise zeigt, wie verschiedenste Teile<br />
miteinan<strong>der</strong> verbunden sind und zu einem großen und harmonischen Ganzen werden. Die Wirbel sind<br />
untereinan<strong>der</strong> verbunden, Nervenbahnen führen zu den einzelnen Wirbeln, die wie<strong>der</strong>um mit den<br />
Organen und mit den betreffenden Aspekten <strong>der</strong> Seele in Beziehung stehen. Der Freund erklärte mir<br />
die Wirbelsäule so: Die drei Lendenwirbel stehen für das Geheimnis des dreieinigen Gottes, dann<br />
kommen die fünf Lendenwirbel, welche wie<strong>der</strong>um für die fünf Sinne stehen, sehen, hören, riechen,<br />
schmecken und fühlen. Dann die zwölf Brustwirbel, welche mit den zwölf Aspekten <strong>der</strong> Seele<br />
verknüpft sind, diese wie<strong>der</strong>spiegeln sich auch in den zwölf Tierkreiszeichen, Wid<strong>der</strong>, Stier,<br />
Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Waage, Skorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische. Und<br />
zum Schluss die sieben Halswirbel, welche er den sieben Hauptplaneten zuordnete. Diese Sichtweise<br />
war für mich ein großes Aha-Erlebnis. Und sie stärkte mein Bewusstsein dafür, dass wir uns wohl als<br />
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