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Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...

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Menschen zur Gewohnheit und schnell ist man in ein Gespräch verwickelt, in dem jemand über die<br />

Kirche herfällt. Aber wenn man in solchen Gesprächen etwas tiefer bohrt, merkt man, dass die<br />

Menschen oft sehr wenig über die Kirche und ihre Liturgie wissen. Vielleicht haben sie schon einige<br />

Male eine Messe o<strong>der</strong> eine Andacht besucht und wie ich nicht viel verstanden. Sie wussten nicht,<br />

wann und warum sie aufstehen o<strong>der</strong> knien sollten und schon machte sich Ablehnung und<br />

Unverständnis breit. Es ist doch so, dass wird das, was uns fremd ist, oft erst einmal nicht mögen, o<strong>der</strong><br />

auch das, was wir nicht verstehen, wo wir unsicher werden. Wir gehen lieber auf Distanz o<strong>der</strong> nehmen<br />

die Gegenposition ein.<br />

Ich vergleiche das Gebet <strong>der</strong> Kirche, die Liturgie, gerne mit einem Netzwerk von Computern. Viele<br />

schimpfen über die PCs, und sicher bieten Computer und Internet wie alles an<strong>der</strong>e Möglichkeiten zum<br />

Missbrauch – wie jedes Messer, das ich benutzen kann, um Brot aufzuschneiden o<strong>der</strong> um einen<br />

an<strong>der</strong>en zu verletzen. Ebenso ist es mit den Computern. Man kann sie benutzen, mit ihnen umgehen<br />

lernen und sich neue Horizonte erschließen o<strong>der</strong> auch krumme Geschäfte betreiben. Manche<br />

verfluchen sie, weil sie wütend sind, dass etwas nicht funktioniert und sie die komplexen technischen<br />

Zusammenhänge nicht verstehen. Letztlich sind sie wütend und enttäuscht über sich selbst, weil sie<br />

nicht über das nötige Wissen verfügen, aber dieses Defizit wird auf die PCs projiziert.<br />

So ähnlich verhält es sich mit <strong>der</strong> kirchlichen Liturgie. Auch sie kann neue Horizonte erschließen und<br />

überaus positiv wirken. Sie kann aber ebenso benutzt und letztlich missbraucht werden, wenn sie nur<br />

dazu dient, bestimmte Interessen zu befriedigen o<strong>der</strong> zur leeren Hülle wird. Was das Gebet <strong>der</strong> Kirche<br />

will und bedeutet, darüber gibt es einiges an Literatur und ich schreibe hier meiner eher subjektiv<br />

geprägte Sicht. Doch bin ich überzeugt, dass meine Sicht mit dem Selbstverständnis <strong>der</strong> Kirche<br />

übereinstimmt.<br />

Durch die offiziell von <strong>der</strong> Kirche geweihten Diakone, Priester und Bischöfe wird garantiert, dass die<br />

Liturgie, das Gebet und die Lehre <strong>der</strong> Kirche überall auf <strong>der</strong> Welt einen gleichen inneren Aufbau<br />

haben. Das Gebet wird zwar von Individuen vollzogen, aber wir treten in <strong>der</strong> Einheit vor Gott und<br />

beten mit einer Stimme. Der Priester hat seine Texte und das Volk antwortet jeweils mit den<br />

Akklamationen gemeinsam. So gesehen kann man mit <strong>der</strong> Gemeinde im Gottesdienst ein Loblied<br />

singen, auch wenn man zutiefst betrübt ist. Man kann im Schuldbekenntnis um Vergebung bitten, auch<br />

wenn man sich keiner neuen Schuld bewusst ist. Irgendein Glied am Leib <strong>der</strong> Kirche befindet sich<br />

immer in einer Situation von Trauer, Schuld, Schmerz, Verfolgung, Jubel, Dank usw. Die Kirche mit<br />

ihrem kollektiven Gebet trägt somit alles immer wie<strong>der</strong> vor Gott. Aus dieser Perspektive ist die<br />

Liturgie eine sehr reife Gebetsform, da sie versucht das Ganze im Blick zu halten.<br />

Der heilige Franziskus wünschte, dass die Brü<strong>der</strong> das Gebet <strong>der</strong> Kirche pflegen, weil er ein Glied <strong>der</strong><br />

Kirche sein wollte. Die Brü<strong>der</strong> bringen damit zum Ausdruck, dass sie eins sein wollen mit <strong>der</strong><br />

römischen-katholischen Weltkirche, sie sind nicht besser und nicht schlechter, denn was sie sind,<br />

haben sie durch das Erbarmen und die Gnade Jesu bekommen. Freilich weiß man, dass das „Einssein“<br />

einen inneren Weg <strong>der</strong> Läuterung, <strong>der</strong> Reifung und des Wachstums bedarf, aber dieses Einswerden<br />

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