Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
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((Ü1)) Spiritualität im Alltag<br />
Am Ende unseres Weges steht das, was ich als integriertes Beten bezeichne. Der Alltag wird<br />
durchdrungen von Gottes Gegenwart, von seinem Da-Sein, egal ob wir im Garten arbeiten und<br />
Unkraut jäten, autofahren, die Liturgie feiern o<strong>der</strong> mit an<strong>der</strong>en im Gespräch sind: Er ist da. Nachdem<br />
wir die <strong>Stille</strong> erfahren haben, heißt es daher, das Erlebte wie<strong>der</strong> mitzunehmen und in unser Leben zu<br />
integrieren.<br />
Am besten kann ich das mit dem Bild des großen Labyrinths erklären, das wir auf <strong>der</strong> Insel Werd<br />
haben. Es sind zwölf Kreise, die man in 35 Kurven durchschreiten muss, bis man im mittleren Kreis<br />
ankommt. In <strong>der</strong> Mitte befindet sich bei uns ein schöner Brunnen, <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong> Klaus (Niklaus von<br />
Flüe) gewidmet ist. Sein berühmtes Radbild ziert den Brunnen.<br />
Bru<strong>der</strong> Klaus, <strong>der</strong> im 15. Jahrhun<strong>der</strong>t lebte, ist wohl <strong>der</strong> wichtigste Schweizer Heilige. Er war<br />
Familienvater, Bauer, Politiker und Hauptmann und zog sich im Alter von etwa 50 Jahren in Flüheli<br />
Ranft als Einsiedler zurück. Dort wurde er oft als Berater aufgesucht und verhin<strong>der</strong>te sogar Kriege. Er<br />
lebte 20 Jahre lang ohne zu essen und viele Visionen, Legenden und Wun<strong>der</strong> sind von ihm überliefert.<br />
Bru<strong>der</strong> Klaus, <strong>der</strong> we<strong>der</strong> <strong>lesen</strong> noch schreiben konnte, betete und meditierte vor einem schlichten<br />
Radbild, welches für viele bis heute sehr wichtig ist.<br />
Der Brunnen symbolisiert den dreizehnten Kreis, <strong>der</strong> das Symbol für die Gegenwart des Höchsten ist.<br />
Letztlich geht es darum, in je<strong>der</strong> Lebensphase und Lebenssituation diesen dreizehnten Kreis zu finden,<br />
aus ihm lebendiges Wasser zu schöpfen und wie<strong>der</strong> die 35 Kreise zurück ins Leben zu gehen.<br />
Oft machen die Menschen den Fehler, dass sie ihre Sorgen und Nöte – und auch ihre positiven<br />
Erfahrungen – einfach in die Mitte tragen und dort liegen lassen. Als Symbol dafür dient ein Stein,<br />
eine Münze o<strong>der</strong> auch ein Zettel, auf dem alles aufgeschrieben ist. Immer wie<strong>der</strong> muss ich solche<br />
Dinge entsorgen und glaube, dass es auf diese Weise nicht wirklich zur Wandlung kommt. Wenn die<br />
Menschen ihre Sorgen deponiert haben, gehen sie wie<strong>der</strong> in den Alltag zurück, ohne ihre<br />
Lebensgeschichte, ihre Schwierigkeiten und Probleme wirklich mit <strong>der</strong> Kraft Gottes zu verbinden. Sie<br />
gehen davon aus, dass <strong>der</strong> liebe Gott es schon richten werde. Aber wir glauben in <strong>der</strong> christlichen<br />
Tradition, dass uns Gott in Jesus ganz nahe kam. Dieser Jesus ist ganz Gott und ganz Mensch, was<br />
sagen will, dass wir alles Menschenmögliche tun und dabei auch voll auf Gottes Hilfe vertrauen sollen<br />
und dürfen. Die 35 Windungen zur Mitte hin sind jedoch nur <strong>der</strong> halbe Weg. Es geht darum, sie<br />
wie<strong>der</strong> zurück zu gehen in den Alltag, mit dem Problem, dem Konflikt, <strong>der</strong> Krankheit o<strong>der</strong> auch all<br />
dem Guten im Leben, aber „gewandelt“ o<strong>der</strong> im Prozess <strong>der</strong> Wandlung durch die Kraft, die aus <strong>der</strong><br />
Mitte kommt.<br />
Die Zahlen im Labyrinth sind im Übrigen voller Symbolik und nehmen Bezug auf die christliche<br />
Tradition: Zwei mal 35 Kurven ergeben die Zahl siebzig. Diese Zahl ist das Ergebnis <strong>der</strong><br />
Multiplikation von sieben und zehn. Die sieben steht für Gottes Ratschluss und Weisheit. Die zehn<br />
repräsentiert "alle dieser Zeit und Welt". Nach hebräisch-jüdischer Tradition gibt es siebzig Völker<br />
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