Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
spricht. Da merkt je<strong>der</strong> praktizierende Katholik, dass es jemand ist, <strong>der</strong> nicht dazu gehört. Wenn man<br />
das einmal o<strong>der</strong> zweimal macht, wird wohl noch darüber hinweggesehen, aber wenn jemand<br />
regelmäßig kommt, dann sollte er schon richtig in den Glauben eingeweiht werden, o<strong>der</strong> konvertieren,<br />
wenn er nicht katholisch ist. Er sollte jedenfalls nicht zur Kommunion gehen.“<br />
„Schau, den Kniefall machen zum Beispiel die orthodoxen Christen nicht, weil Jesus mit solchen<br />
Kniefällen von den Soldaten verhöhnt wurde, indem sie ihm eine Dornenkrone aufsetzten, ihn mit<br />
einem Stock schlugen und ihm zuriefen ‚Heil dir, König <strong>der</strong> Juden’. Bei uns Katholiken ist <strong>der</strong><br />
Kniefall ein Ausdruck tiefster Verehrung für Jesus, <strong>der</strong> im Sakrament des Brotes im Tabernakel<br />
gegenwärtig ist. Für mich geht <strong>der</strong> Kniefall noch weiter, ich sage mir, wenn Jesus, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Herr des<br />
Himmels ist, zum Diener aller wurde, dann möchte ich mich auch klein machen wie er. Er wurde so<br />
klein, dass er in <strong>der</strong> schlichten Gestalt von Brot und Wein unter uns gegenwärtig bleibt. Ich muss<br />
sagen, ich habe schon meine Mühe, wenn ein Mensch ohne Ehrfurcht und Achtung unserer Regeln<br />
einfach in eine Kirche hinein geht wie in ein Einkaufscenter und sich die Kommunion holt. Sicher, bei<br />
den meisten ist es nicht bösartig, son<strong>der</strong>n aus Unwissen. Aber ein spiritueller Mensch ist ein Mensch,<br />
<strong>der</strong> sich auch über die unsichtbaren Seiten <strong>der</strong> Rituale informiert und tiefen Respekt vor den Regeln<br />
<strong>der</strong> An<strong>der</strong>n hat. Ich denke, ich kann auch nicht einfach zu euch in die Loge gehen und an Ritualen<br />
teilnehmen. Es ist das Recht je<strong>der</strong> Gruppe, ihre eigenen Regeln zu haben und als Außenstehen<strong>der</strong> ist<br />
es für mich selbstverständlich, diese zu respektieren. So ist es zum Beispiel bei den Lutheranern so,<br />
dass Brot und Wein nur in <strong>der</strong> Feier des Abendmahls Christus repräsentieren. Wenn <strong>der</strong> Gottesdienst<br />
vorbei ist, dann ist das übrige Brot und <strong>der</strong> Wein wie<strong>der</strong> normales Brot und normaler Wein. Das ist <strong>der</strong><br />
Glaube <strong>der</strong> Lutheraner und ich respektiere ihren Glauben und ihre Gruppe, auch wenn ich einen<br />
an<strong>der</strong>n Glauben pflege. Ja, bei uns glauben wir an die Wandlung, ans Geheimnis, das Brot und Wein<br />
im innersten Wesen von Jesus durchdrungen wird und dies auch nach dem Gottesdienst bleibt. So<br />
sprechen wir von einem Sakrament, das aus sich selber heraus wirkt. Das ist unser Glaube und wer uns<br />
als Glaubensgemeinschaft respektiert und diesen Glauben nicht teilen will, soll bitte nicht an <strong>der</strong><br />
Kommunion teilnehmen. Ich weiß, dass viele Gläubige, wenn es um die Rituale und die heiligen<br />
Zeichen geht, sehr sensibel sind. Es geht wohl weniger darum, dass Gott beleidigt wird, er schaut auf<br />
das Herz, aber die Gläubigen fühlen sich vor den Kopf gestoßen.“<br />
„Wenn du von den heiligen Zeichen sprichst, mir wurde noch nie gezeigt, wie das Kreuzzeichen geht,<br />
geschweige denn kenne ich den Hintergrund“, sagte Otto. Ich antwortete, dass ich viele Menschen<br />
kenne, die sich von den katholischen Bräuchen angezogen fühlen, aber oft erst spät mit dem<br />
Kreuzzeichenschlagen beginnen. Das hängt wohl mit einer inneren Identifizierung mit <strong>der</strong><br />
Glaubensgemeinschaft zusammen. Für mich ist das Kreuzzeichen eines <strong>der</strong> schönsten Symbole des<br />
Segens in unserem Glauben. So weit ich weiß, ist es nach dem Jahr 1000 entstanden. Die Menschen<br />
wollten den Druidenfuß (eine Art Dreieckschlag, <strong>der</strong> an ein Pentagramm erinnert), welcher ein<br />
vorchristlicher Schutzzauber gegen böse Blicke und ähnliches war, nicht aufgeben. Und da man nichts<br />
wegnehmen kann ohne etwas Besseres – sozusagen einen christlichen Ersatz – anzubieten, entstand<br />
55