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Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...

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((Ü1)) Stufen des Gebets<br />

Mit meinen Stufen o<strong>der</strong> Entwicklungen des Gebets begann ich schon lange bevor ich überhaupt<br />

wusste, dass es verschiedene Reifungsstadien gibt und lange bevor ich mich entschieden habe, nach<br />

den Ordnungen des Gottesreiches zu suchen. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> irgendwie nach „mehr“ im Leben sucht, wird<br />

verschiedene Stufen des Gebets durchlaufen, auch jene, die nicht nach dem Evangelium suchen,<br />

son<strong>der</strong>n sich an<strong>der</strong>n Mächten und Geistern öffnen. Sie nennen es dann nicht Gebet, aber letztlich ist<br />

das, was ich Gebet nenne, das Echo je<strong>der</strong> gelebten o<strong>der</strong> ungelebten Spiritualität.<br />

Wenn wir uns entscheiden für den Lebensweg <strong>der</strong> Karriere, das brave Leben, den chaotischen Weg<br />

o<strong>der</strong> für den goldenen Weg im Sinn von Gottes Reich, dann prägen wir unsere Entwicklung <strong>der</strong> Seele<br />

ganz wesentlich mit. Das, was wir im Leben umsetzen, spiegelt sich unweigerlich auch in unserem<br />

Gebetsleben wie<strong>der</strong>. Sei es <strong>der</strong> Spiegel des Chaos, wo wir uns oft im Selbstmitleid suhlen und allen<br />

an<strong>der</strong>n die Schuld geben, sei es <strong>der</strong> brave Weg, auf dem wir immer wie<strong>der</strong> erleben, dass die Umwelt<br />

uns zu wenig Anerkennung und Dankbarkeit zukommen lässt und oft von Neid geplagt werden,<br />

obwohl wir doch alles „richtig“ machen. O<strong>der</strong> auch auf dem Weg <strong>der</strong> „falschen Karriere“, auf dem wir<br />

keinen o<strong>der</strong> kaum Bezug zum Innern haben und uns praktisch nur aus dem heraus verstehen, was wir<br />

nach außen hin darstellen. Wer den goldenen Weg findet, wird tiefen Frieden in sich tragen, er weiß<br />

über seine Stärken und Schwächen genau Bescheid und wird für alles, was ist, Dank sagen können.<br />

Menschen auf dem goldenen Weg sind jene, die sich von innen her geliebt wissen und dies<br />

unabhängig von ihren Erfolgen, von dem, was sie haben o<strong>der</strong> von ihren Fehltritten, aus denen sie dazu<br />

lernen können. Im Spiegel <strong>der</strong> Spiritualität, die sich auch im Gebet zeigt, kann man jedenfalls sehen,<br />

welche Ausrichtung und welchen Schwerpunkt jemand im Leben hat.<br />

Oft denke ich, dass das, was Menschen in ihrer Art zu beten und zu glauben zum Ausdruck bringen,<br />

Teil einer zwanghaften, krankhaften und schlecht integrierten spirituellen Seite ist. Die Rituale dienen<br />

dann als Gerüst o<strong>der</strong> Notanker und sind doch eigentlich leer. Ein eher zwanghaft handeln<strong>der</strong> Mensch<br />

lebt aus <strong>der</strong> Angst heraus und hat das Gefühl, dass man den zürnenden Gott ständig beschwichtigen<br />

muss – mit Opfern, Gebeten und heroischen Bußübungen. Tatsächlich lässt sich Gott auf diese Art<br />

beschwichtigen, aber ob dies <strong>der</strong> wirkliche Gott ist, darüber will ich nicht zu viel sagen, denn er ist<br />

ohnehin ganz an<strong>der</strong>s als wir glauben. Aber in jedem Fall ist es <strong>der</strong> Gott, <strong>der</strong> sich in <strong>der</strong> Vorstellung <strong>der</strong><br />

zwanghaften Seele eingenistet hat. Der innerliche Druck kann daher schon kurzfristig abgebaut<br />

werden, die Menschen fühlen sich zumindest für den Moment wohl und (selbst) „befriedigt“, da sie<br />

ihren zürnenden Gott mit viel Kraft und Anstrengung in „Schach“ gehalten haben. Solchen Menschen<br />

die Rituale wegzunehmen, würde sie beinahe zum Wahnsinn treiben.<br />

Wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e hängen <strong>der</strong>art an vorgegebenen Strukturen, dass sie zum Beispiel Priester denunzieren,<br />

wenn sie ein Gebet leicht verän<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> es an<strong>der</strong>s sprechen, als dies im Kanon <strong>der</strong> Kirche vorgesehen<br />

ist. Etliche Gläubige können nur eine Form eines Rituals als richtig akzeptieren – manchen etwa gilt<br />

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