Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...

Was Kontemplation mit der Natur zu tun hat, darin ist wohl Franziskus einer der größten Lehrmeister.
Thomas von Celano, der erste Biograf des heiligen Franz im 13. Jahrhundert, schreibt dazu:
((Zitat Anfang))
Und erst die Pracht der Blumen! Welches Vergnügen bereiteten sie ihm, wenn er ihre liebliche
Gestalt betrachtete, wenn er ihren süßen Duft genoss. Da wandte er gleich sein geistiges Auge
der herrlichen Blume zu, die zur Frühlingszeit leuchtend aus Jesses Stamm entspross, deren
Duft Tausende und aber Tausende von Abgestorbenen erweckt hat. Wo er eine Wiese und
Blumen fand, predigte er ihnen und rief sie zum Lobe des Herrn auf, gleich als ob sie Vernunft
besäßen. So auch die Saatfelder und Weinberge, die Steine und Wälder, alle die herrlichen
Auen, die rieselnden Brunnen, die grünenden Gärten, Erde, Feuer, Luft und Wind: alles, alles
ermahnte er in aufrichtiger Herzensreinheit, Gott zu lieben und ihm freudig zu folgen. Alle
Geschöpfe nannte er Brüder, und auf ungewohnte, den anderen ganz verschlossene Art und
Weise drang sein Scharfblick jeglicher Kreatur bis ins Innerste, gleich als ob er schon
eingegangen wäre in die herrliche Freiheit der Kinder Gottes. Nun, oh lieber Herr Jesus, lobt er
Dich, den Wunderbaren mit den Engeln im Himmel, er, der Dich auf Erden wahrlich aller
Kreatur als den Liebeswerten gepredigt hat.
((Zitat Ende))
Das eigentliche Ziel der Kontemplation ist Gottes- und Selbsterfahrung. Überall, wo Gott in die
Geschichte einwirken wollte, hat er selbst die Menschen vorbereitet. Meistens rief er sie aus ihrer
gewohnten Umgebung heraus, wie etwa den hoch betagten Abraham. Er führte diese Menschen in die
Schule der Natur, in die Wüste. Wenn Gott ruft, heißt dies, alte und liebgewordene Muster richtig
loszulassen und auf Neues zuzugehen. Bei allen, die Gott so gerufen hat, wurde die Beziehung zu ihm
und zur Religion stärker. Es ist dabei immer ein Geschehen zwischen zwei Polen, wo man den andern
und auch sich selbst besser kennen lernt.
Mose war in Ägypten von Kult, Tempeln und Gebeten umgeben – und doch musste er zuerst in der
Wüste Schafe hüten, bis er Gott und sich selbst wirklich begegnen konnte. Oft sind wir so voll von
uns, unserem Gelernten, unserer Umgebung, dass uns noch so viele Gebete und Rituale nicht
weiterbringen. Es geht nicht ohne die Einfachheit, im ganz gewöhnlich Schlichten.
Ähnlich wie Mose erging es vielen anderen biblischen Gestalten. Unter ihnen war auch der heilige
Paulus, der nach seiner Bekehrung sogleich versuchte alle, die ihm begegneten, von Christus zu
überzeugen. Ohne Erfolg – es gab nur Streit, so dass Paulus sogar flüchten musste, weil man ihm ans
Leben wollte. Nach der ersten Euphorie zog es ihn hinaus in die Natur, in die Wüste. Auch für uns
kann nur in der Stille das wesentliche Fundament für eine gesunde, fruchtbare und echt spirituelle
Zukunft gelegt werden.
((Ü3)) Die franzisklarianische Kontemplation
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