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Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...

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Nach dem Folienrauchen setzte sich Doris in den Sessel und tauchte in ihren Drogenflash ein, ich soll<br />

doch etwas aufräumen meinte sie noch. Ich sagte „eigentlich dachte ich, wir machen das gemeinsam“,<br />

aber sie war irgendwie schon weg. So begann ich aufzuräumen. Es war so sinnlos, wie das Kreuz Jesu<br />

tragen zu helfen, denn am Ende wurde Jesus doch getötet. Auch wenn ich hier aufräume, in zwei<br />

Wochen sieht es wie<strong>der</strong> genau gleich schlimm aus wie jetzt. Aber da ich den Impuls hatte, mit ins<br />

Karussell einzusteigen, räumte ich weiter auf. Schon bald ging die Tür auf und <strong>der</strong> Fixer vom Zimmer<br />

nebenan kam herein. Als er die Situation betrachtete, meinte er: „Mann, die Schlampe hockt im Stuhl<br />

und du bist so blöd, hier aufzuräumen.“ Und schon machte er ein Foto mit <strong>der</strong> herumliegenden<br />

Kamera. „Wir können anschließend auch bei dir etwas Ordnung machen, wenn du magst“, meinte ich<br />

etwas unsicher. Wie auch immer, hätte mir das Schicksal nicht diese surreale Situation geschenkt, ich<br />

würde heute noch nicht erahnen, was <strong>der</strong> Kreuzweg im Letzten soll.<br />

Gebet: Heiliger Gott heiliger starker Gott, Heiliger unsterblicher Gott, erbarme dich unser. Amen.<br />

6. Station<br />

Veronika reicht Jesus das Schweißtuch dar.<br />

Gebet: Wir beten dich an Herr Jesus Christus, denn durch dein heiliges Kreuz hast du die ganze Welt<br />

erlöst.<br />

Die Volksfrömmigkeit sagt, dass Veronika durch die Menge ging und Jesus das Blut und den Schweiß<br />

aus dem Gesicht wischen wollte, um ihm wenigstens auf diese Weise noch ihre Liebe zu zeigen. Als<br />

sie danach das Tuch anschaute, sei in ihm das Antlitz Jesu sichtbar gewesen.<br />

Veronika ist eine Ableitung vom lateinischen vera icona, das bedeutet wahres Bild Jesu. Um das<br />

Grabtuch von Turin, das Schweißtuch und das Muschelseidentuch von Manopello ranken sich viele<br />

Legenden und es gibt auch wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Ich war selber in Manopello und<br />

betrachtete das Grabtuch, seit dem Moment wurde auch das Bild Jesu in mir noch tiefer. Letztlich geht<br />

es nicht darum, ob die Bil<strong>der</strong> und Tücher echt o<strong>der</strong> falsch sind, son<strong>der</strong>n dass das Bild Jesu in unserer<br />

Seele eingeprägt wird. Das Bild von Jesus als Mensch, <strong>der</strong> zutiefst ins Leiden eintauchte, dessen<br />

Gesicht geschunden und geschlagen wurde, dessen Gesicht von <strong>der</strong> Dornenkrone verletzt war, aber<br />

auch das Gesicht, welches am Ostermorgen neu die Augen öffnete und den Tod überwand. Eben das<br />

Gesicht, in dessen Antlitz wir uns selbst und auch die Mitmenschen erkennen können. Denn wenn wir<br />

sein Antlitz in uns tragen, werden wir auch im ärmsten, elendesten o<strong>der</strong> bösartigsten Menschen<br />

erkennen, dass auch er als Ebenbild Gottes geschaffen wurde und immer eine Würde hat. Jesus hat das<br />

durch die Schuld entstellte Gesicht so vieler Menschen angenommen, als er auf dem Kreuzweg selber<br />

durch rohste Gewalt entstellt wurde. Hier liegt eine weiteres Mysterium, dass Christus durch das<br />

Annehmen und solidarische Hineintauchen die Tür zum Reich Gottes zutiefst in <strong>der</strong> Dunkelheit öffnet,<br />

es aber jedem Geschöpf frei lässt, durch die Tür zu gehen.<br />

Meditation: Eingeprägt ins Schweisstuch: sein entstelltes Antlitz. Im Suchtgezeichneten finden wir es<br />

heute noch.<br />

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