Meditationen der Stille lesen - Franziskanische Gassenarbeit ...
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(Gen 10); dementsprechend sandte Jesus siebzig Jünger aus (Lukas 10,1), um die frohe Botschaft vom<br />
Gottesreich zu verkünden.<br />
Das Labyrinth weist noch auf mehr hin, letztlich sollten Labyrinthe allerdings nicht erklärt, son<strong>der</strong>n<br />
erfahren werden. Dennoch möchte ich einige Anregungen geben, um tiefer ins Geheimnis des<br />
Labyrinths, das ein Spiegel für unser Leben sein kann, einzutauchen.<br />
Auch die Zahl zwölf (Anzahl <strong>der</strong> Kreise) hat eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung. Sie ist das Ergebnis <strong>der</strong><br />
Multiplikation von drei und vier. Drei steht für "sicher, gewiss" o<strong>der</strong> für den Dreieinigen Gott, vier für<br />
"in alle Himmelsrichtungen", für „das ganze Land", „den ganzen Erdkreis". 3x4=12 bezieht sich dann<br />
auf die Nachkommen Jakobs, von denen es in <strong>der</strong> Bibel heißt, sie würden gewiss das ganze Land<br />
füllen (vgl. Gen 28,13-14). Jakob hat zwölf Söhne, aus denen die zwölf Stämme Israels hervorgehen<br />
(vgl. Gen 49, 1-27). Manche Aussagen <strong>der</strong> Bibel leiten sich wie<strong>der</strong>um von den zwölf Stämmen ab: die<br />
zwölf Apostel Jesu o<strong>der</strong> die Zahl 144000 (Offb 7); zudem sind es bei unserem Labyrinth rund 444<br />
Meter Weg bis in die Mitte, wobei die Quersumme von 444 wie<strong>der</strong> zwölf ist.<br />
Von oben gesehen ist das Labyrinth in vier Viertel-Sektoren aufgeteilt, welche an die vier Jahreszeiten<br />
erinnern und an den Vierjahreszyklus. Im vierten Jahr, dem Schaltjahr, zeigt sich ganz kurz <strong>der</strong><br />
dreizehnte Monat. Er wird mit dem 29. Februar angedeutet. Der dreizehnte Monat ist nicht von dieser<br />
Welt, es ist <strong>der</strong> Monat, welcher auf den Ewigen hinweist, auf Christus, <strong>der</strong> verborgen in dieser Welt<br />
ist, aber immer wie<strong>der</strong> auftaucht. Er ist es, <strong>der</strong> die Ordnung <strong>der</strong> Schöpfung letztlich korrigiert, ähnlich<br />
wie das Schaltjahr den Kalen<strong>der</strong> im Gleichgewicht hält. So ist <strong>der</strong> Weg in die Mitte immer <strong>der</strong> Weg<br />
zum dreizehnten. Wer diesem dreizehnten o<strong>der</strong> dem Christus in <strong>der</strong> Schöpfung begegnet, kann wie<strong>der</strong><br />
zurück in den Alltag. Er lebt eigentlich genau wie vorher und doch hat sich Entscheidendes verän<strong>der</strong>t,<br />
denn er lebt nun aus <strong>der</strong> wirklichen Mitte heraus und hat diese in den Alltag integriert.<br />
Wer den Glauben nicht wie eine Droge benutzt, son<strong>der</strong>n natürlich in den Alltag einfließen lässt, <strong>der</strong><br />
wird erleben, was es heißt das, dass das Reich Gottes schon mitten unter uns ist. Nicht ohne Grund<br />
nannte Karl Marx den Glauben Opium für das Volk. Auch ich kenne zu viele Menschen, die den<br />
Glauben wie Opium benutzen, um eine eigene religiöse Welt aufzubauen, in welcher sie sich dem<br />
harten Alltag zu entziehen versuchen.<br />
Wer den Weg durch das Labyrinth bis zum Ende geht, wird auch im Gebet eine tiefe Wandlung<br />
erleben. Menschen, die aus <strong>der</strong> wirklichen Mitte kommen, können jede Phase des Gebetes schätzen<br />
und leben und sie können an<strong>der</strong>e begleiten, welche noch auf dem Weg zur Mitte sind. Ebenso können<br />
sie jenen Mut machen, die dort angekommen sind, damit sie mit <strong>der</strong> Kraft aus <strong>der</strong> Mitte wie<strong>der</strong> in den<br />
Alltag zurückgehen.<br />
Menschen, die in je<strong>der</strong> Lebens- o<strong>der</strong> Entwicklungsphase die Mitte finden und diese Erfahrung zurück<br />
in den Alltag tragen, erleben, was <strong>der</strong> Evangelist Johannes schreibt: „Alles, um was ihr in meinem<br />
Namen bittet, werde ich tun, damit <strong>der</strong> Vater im Sohn verherrlicht wird. Wenn ihr mich um etwas in<br />
meinem Namen bittet, werde ich es tun.“ (Joh 14,13-14)<br />
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