Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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<strong>Entstehung</strong> des Gelben aus Rot und Grün; des Blauen aus Grün und Violett<br />
-, so unmöglich und «unnatürlich», daß er sie völlig verwarf. Loheck<br />
(siehe «<strong>Farben</strong>» in «Der Staedtler-Brief», Heft 4), dessen sonstiger Deutung<br />
dieses Sachv·erhalts ich freilich nicht beizustimmen vermag, macht<br />
dankenswerterweise auf diese ablehnende Haltung Goethes in dieser Frage<br />
aufmerksam.<br />
Während Goethe die dritte Art <strong>der</strong> Farbmischung (Violett und Rot gibt<br />
Purpur) sogar als höchsten Ausdruck <strong>der</strong> Mischung <strong>der</strong> «gesteigerten <strong>Farben</strong>»<br />
Violett und Rot voll in seine <strong>Farben</strong>lehre einbezieht, v·erspottet er die<br />
beiden an<strong>der</strong>en Mischungsmöglichkeiten durch das Xenion:<br />
«Gelbrot und Grün macht das Gelbe, Grün und Violblau das Blaue!<br />
So wird aus Gurkensalat wirklich <strong>der</strong> Essig erzeugt.»<br />
Denn für Goethe schien nichts an<strong>der</strong>es denkbar, als daß sich bei Vermischung<br />
<strong>der</strong> bereits aus den Grundfarben Gelb, Blau und Purpur hervorgegangenen<br />
<strong>Farben</strong> Rot (Gelbrot), Grün und Violett nur im Falle des Purpur<br />
eine Art «Rückbildung» vollziehen lasse, nie aber aus den beiden an<strong>der</strong>en<br />
sekundären Farbpaaren die ursprünglichsten aller <strong>Farben</strong>, Gelb und<br />
Blau wie<strong>der</strong> hervorgehen könnten! Diese aber bei zwei Lampenfarben mit<br />
getrennter Ausstrahlung sich dennoch ergebende Tatsache war ja auch <strong>der</strong><br />
eigentliche Grund für die Aufstellung <strong>der</strong> Theorie von <strong>der</strong> «additiven» und<br />
«subtraktiven» <strong>Farben</strong>mischung ! Wir stehen also hier wirklich an einem<br />
Kreuzweg erster Ordnung: Goethe leugnet eine offensichtlich experimentell<br />
nachweisbare Tatsache, negiert sie, denn sie scheint im Tiefsten seiner<br />
ganzen <strong>Farben</strong>lehre zu wi<strong>der</strong>sprechen. Die Physik sieht und anerkennt sie<br />
und baut auf dieser Tatsache einen fundamentalen Gegensatz von Spektralund<br />
Körperfarben bei <strong>der</strong>en Mischung auf. Sie zerreißt damit die gesamte<br />
<strong>Farben</strong>welt in zwei Teile, wobei sich zugleich ein unüberbrückbarer Abgrund<br />
zwischen Kunst und Wissenschaft auftut! Es ist ganz klar: können<br />
wir dieses Rätsel, diesen (scheinbaren) Wi<strong>der</strong>spruch gegenüber Goethes<br />
<strong>Farben</strong>lehre nicht lösen, so gerät diese selbst in ein zweifelhaftes Licht.<br />
Aber läßt er sich denn wirklich nicht lösen?3<br />
Schauen wir doch einmal genauer zu, was wirklich sich ereignet, wenn<br />
wir das eine Mal vor die eine Lampe eine Rotfoli·e, vor die an<strong>der</strong>e eine Grünfolie<br />
geben und nun das Licht <strong>der</strong> beiden übereinan<strong>der</strong>fallen lassen, o<strong>der</strong><br />
das an<strong>der</strong>e Mal vor eine einzige Lampe beide Folien hintereinan<strong>der</strong>legen<br />
und dann damit eine Fläche beleuchten. Ist es denn möglich, diese beiden<br />
Versuche in ihrem Ergebnis so einfach zu vergleichen? Haben wir nicht<br />
bei <strong>der</strong> ersten Versuchsanordnung im U eberdeckungsbereich <strong>der</strong> beiden<br />
Lampen eine ganz an<strong>der</strong>e Lichthelligkeit als im zweiten Falle? Angenom-<br />
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