Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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Wir könnten von dem ersteren Paar, Gelb und Violett, auch noch das<br />
Folgende sagen:<br />
Gelb steht zur Helligkeit in demselben Verhältnis wie Violett zur Dunkelheit.<br />
Gelb: das bedeutet wenig geschwächtes Licht.<br />
Violett: das bedeutet wenig geschwächte Dunkelheit.<br />
Gelb geht zuletzt in <strong>der</strong> Helligkeit auf, Violett in <strong>der</strong> Dunkelheit unter.<br />
O<strong>der</strong> auch:<br />
Gelb ist das sich vor dem Dunklen bewahrende Rot.<br />
«Violett ist das zum Hellen strebende'Blau 26<br />
Aus <strong>der</strong> letzten, von Rudolf Steiner stammenden, Aeußerung wird<br />
beson<strong>der</strong>s deutlich, daß im Grunde doch Gelb und Blau als die beiden<br />
Urfarben anzusehen sind, die sich miteinan<strong>der</strong> zum Grün vermischen,<br />
jede für sich aber zum Rötlichen hin sich steigern lassen, als Rot (Gelbrot)<br />
und Violett (Blaurot), um sich schließlich in dieser gesteigerten<br />
Form abermals, gleichsam über die Dunkelheit hinweg, im Pfirsichblüt,<br />
zu einem noch höheren Ausgleich zu verbinden. Treffend sagt daher<br />
Goethe in seiner <strong>Farben</strong>lehre 27 von diesen beiden beson<strong>der</strong>en polaren<br />
<strong>Farben</strong> Grün und Pfirsichblüt, die wir im Grün <strong>der</strong> Pflanzenwelt beziehungsweise<br />
im Inkarnat des Menschen in so charakteristischer Weise<br />
antreffen:<br />
«Wenn man Gelb und Blau, welche wir als die ersten und einfachsten <strong>Farben</strong><br />
ansehen, gleich bei ihrem ersten Erscheinen, auf <strong>der</strong> ersten Stufe ihrer Wirkung<br />
zusammenbringt, so entsteht diejenige Farbe, die wir Grün nennen.<br />
Unser Auge findet in <strong>der</strong>selben seine reale Befriedigung. Wenn beide Mutter·<br />
farben sich in <strong>der</strong> Mischung genau das Gleichgewicht halten, <strong>der</strong>gestalt, daß keine<br />
vor <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en bemerklich ist, so ruht das Auge auf diesem Gemischten wie auf<br />
einem Einfachen. Man will nicht weiter und man kann nicht weiter.»<br />
Von <strong>der</strong> PfiI1sichblütfarbe, dem Purpur, wie er diese Farbe auch<br />
nennt, aber sagt er:<br />
«Wer die prismatische <strong>Entstehung</strong> des Purpurs kennt,28 <strong>der</strong> wird nicht paradox<br />
finden, wenn wir behaupten, daß diese Farbe teils actu, teils potentia alle an·<br />
<strong>der</strong>en <strong>Farben</strong> enthalte.<br />
Wenn wir beim Gelben und Blauen eine strebende Steigerung ins Rote ge·<br />
sehen und dabei unsere Gefühle bemerkt haben, so läßt sich denken, daß nun in<br />
<strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> gesteigerten Pole eine eigentliche Beruhigung, die wir eine<br />
ideale Befriedigung nennen möchten, stattfinden könne. Und so entsteht bei physischen<br />
Phänomenen diese höchste aller <strong>Farben</strong>erscheinungen aus dem Zusammen·<br />
treten zweier entgegengesetzter Enden, die sich zu einer Vereinigung nach und<br />
nach vorbereitet haben ....<br />
Die Wirkung dieser Farbe ist so einzig wie die ihrer Natur. Sie gibt einen<br />
Ausdruck sowohl von Ernst und Würde als von Huld und Anmut. Jenes leistet<br />
sie in ihrem dunklen verdichteten, dieses in ihrem hellen verdünnten Zustande. Und<br />
so kann sich die Würde des Alters und die Liebenswürdigkeit <strong>der</strong> Jugend in eine<br />
Farbe kleiden.»<br />
Mit dieser Charakterisierung <strong>der</strong> sinnlich-sittlichen Wirkung <strong>der</strong><br />
<strong>Farben</strong> - hier des Grün und des Pfirsichblüt nur als Beispiele - sei wenigstens<br />
aufgezeigt, welch unmittelbarer Weg mit innerer Konsequenz<br />
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