Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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«So schätzbar aber auch ein je<strong>der</strong> Versuch einzeln betrachtet sein mag, so erhält<br />
er doch nur seinen Wert durch Vereinigung und Verbindung mit an<strong>der</strong>en __ _<br />
Man kann sich daher nicht genug in acht nehmen, aus Versuchen nicht zu geschwind<br />
zu folgern, denn beim Uebergang von <strong>der</strong> Erfahrung zum Urteil, von <strong>der</strong><br />
Erkenntnis zur Anwendung ist es, wo dem Menschen gleichsam wie an einem Passe<br />
alle seine inneren Feinde auflauern ___ Ich wage nämlich zu behaupten, daß ein<br />
Versuch, ja mehrere Versuche in Verbindung nichts beweisen, ja daß nichts gefährlicher<br />
sei als einen Satz unmittelbar durch Versuche bestätigen zu wollen ___ »<br />
Man lese nur einmal in Goethes Schriften diese Selbstbesinnung über<br />
das Verfahren einer echten naturwissenschaftlichen Forschung selbst nach,<br />
und man wird erkennen, wie auch darin Goethe an Klarheit <strong>der</strong> Urteilsbildung<br />
noch heute unserer Zeit weit voraus ist und sie daher allen Grund<br />
hätte, von ihm zu lernen.<br />
Bevor wir nun in diesem Abschnitt zur Erörterung <strong>der</strong> zweiten Frage<br />
übergehen, die eingangs aufgeworfen wurde, <strong>der</strong> Frage nach dem Urphänomen<br />
alles Farbigen, müssen wir doch einen Versuch noch erwähnen, <strong>der</strong><br />
erkenntnismäßig für das Wesen <strong>der</strong> Farbvorgänge von größter Bedeutung<br />
ist.<br />
Man kann nämlich, wie sich leicht einsehen läßt, durch zwei Spiegel<br />
die beiden Spektren, das positive und negative, die wir uns durch je<br />
einen Licht- und Dunkelspalt erzeugt denken, übereinan<strong>der</strong>spiegeln. Und<br />
dies kann schließlich auch mit den noch weiter geführten Spektren, mit<br />
<strong>der</strong>en letzter Metamorphosengestalt, den beiden Farbdreiheiten, geschehen<br />
(siehe Goethes <strong>Farben</strong>sechsstern, Abschnitt 2, Fig. 3) _ Wir werden<br />
dann das überraschende, wenn auch sofort verständliche Phänomen erleben,<br />
daß diese beiden Spektren bzw. die beiden Farbdreiheiten sich in<br />
ihrer Farbigkeit vollkommen auslöschen, sich neutralisieren. 5o<br />
Diese farbige Neutralisation, dieses Auslöschen <strong>der</strong> <strong>Farben</strong> durcheinan<strong>der</strong><br />
hat nun nach allem bisher Besprochenen aber seinen Grund<br />
ausschließlich darin, daß die jeweils übereinan<strong>der</strong>fallenden <strong>Farben</strong>paare<br />
des positiven und negativen Spektrums polarer, gegen-dynamischer Natur<br />
sind, das heißt, daß sie ihre <strong>Entstehung</strong> Prozessen verdanken, die<br />
in den bei den Spektren in gegensätzlicher Art wirkten. Wir können uns<br />
diese Tatsache auch so klar machen, wie dies in sehr eingänglicher Art<br />
Prof. Dr. R. Matthaei in seinem Buche: «Versuche zu Goethes <strong>Farben</strong>lehre<br />
mit einf,achen Mitteln»51 dargesteHt hat. Er denkt sich dabei die in<br />
unserem Abschnitt 11, Fig. 2 aufgezeichneten zwei Tafeln 52 nebeneinan<strong>der</strong>gelegt<br />
und durch ein Prisma angeschaut. Dann liegen die bei den<br />
Spektroo, das positive und das negative, unmittelbar nebeneinan<strong>der</strong> und<br />
ebenso die des weitem aus ihnen hervorgehenden zwei Farbdreiheiten :<br />
rot-grün-violett beim einen, blau-pfil'Sichblüt-gelb beim an<strong>der</strong>en. Denkt<br />
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