Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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kommt rem und strahlend in den herrlichen Strophen dieses Gedichtes<br />
als Welt- und Liebesbekenntnis zugleich zum Ausdruck. So sei dieser<br />
Teil <strong>der</strong> Betrachtungen auch mit den bedeutsamen Strophen dieses Weltschöpfungsgedichtes<br />
abgeschlossen_ Wie sehr kann eine Seele, die in den<br />
Gedanken <strong>der</strong> Goetheschen <strong>Farben</strong>lehre zu leben vermag, darin einen<br />
höchsten Ausdruck all dessen wie<strong>der</strong>finden, was das <strong>Farben</strong>walten für<br />
Mensch und Welt bedeuten kann! Und welche Empfindung von <strong>der</strong><br />
inneren Einheit, die Welt und Mensch umspannt, kann daraus erfließen,<br />
wenn man weiß, daß Goerhe ein solches Ged,icht nie hätte schreiben können,<br />
wenn ihm nicht die wirklich strenge Methode <strong>der</strong> naturwissenschaftlichen<br />
Erforschung des Farbigen die tragende Grundlage dazu gegeben<br />
hätte!<br />
Ist es möglich! Stern <strong>der</strong> Sterne<br />
Drück' ich wie<strong>der</strong> dich ans Herz!<br />
Ach, was ist die Nacht <strong>der</strong> Ferne<br />
Für ein Abgrund, für ein Schmerz!<br />
Ja du bist es, meiner Freuden<br />
Süßer, lieber Wi<strong>der</strong>part!<br />
Eingedenk vergangner Leiden,<br />
Schaudr' ich vor <strong>der</strong> Gegenwart.<br />
Wie<strong>der</strong>finden<br />
Stumm war alles, still und öde<br />
Einsam Gott zum ersten Mal!<br />
Da erschuf er Morgenröte,<br />
Die erbarmte sich <strong>der</strong> Qual;<br />
Sie entwickelte dem Trüben<br />
Ein erklingend <strong>Farben</strong>spiel,<br />
Und nun konnte wie<strong>der</strong> lieben,<br />
Was erst aus einan<strong>der</strong> fiel.<br />
Als die Welt im tiefsten Grunde<br />
Lag an Gottes ew'ger Brust<br />
Ordnet' er die erste Stunde<br />
Mit erhabner Schöpfungslust.<br />
Und er sprach das Wort: Es werde!<br />
Da erklang ein schmerzlich Ach!<br />
Als das All mit Machtgebärde<br />
In die Wirklichkeiten brach.<br />
Und mit eiligem Bestreben<br />
Sucht sich, was sich angehört;<br />
Und zu ungemessnern Leben<br />
Ist Gefühl und Blick gekehrt.<br />
Sei's Ergreifen, sei es Raffen,<br />
Wenn es nur sich faßt und hält!<br />
Allah braucht nicht mehr zu schaffen,<br />
Wir erschaffen seine Welt.<br />
Auf tat sich das Licht, so trennte<br />
Scheu sich Finsternis von ihm<br />
Und sogleich die Elemente<br />
Scheidend auseinan<strong>der</strong> fliehn.<br />
Rasch, in wilden, wüsten Träumen<br />
Jedes nach <strong>der</strong> Weite rang,<br />
Starr, in ungemessnen Räumen,<br />
Ohne Sehnsucht, ohne Klang.<br />
So mit morgenroten Flügeln<br />
Riß es mich an deinen Mund,<br />
Und die Nacht mit tausend Siegeln<br />
Kräftigt sternenhell den Bund.<br />
Beide sind wir auf <strong>der</strong> Erde<br />
Musterhaft in Freud' und Qual,<br />
Und ein zweites Wort: Es werde!<br />
Trennt uns nicht zum zweiten Mal.<br />
Nach diesem Aufblick in die höchsten Bereiche des Farbigen wollen<br />
wir aber nicht verschmähen, seine wissenschaftlichen Fundamente in den<br />
folgenden Betrachtungen noch weiter zu festigen und zu härten.<br />
15 Erstveröffentlichung: «Menschenschule» 1963 Heft 8/9.<br />
16 Das von Newton an den Anfang seiner Untersuchungen gestellte Experiment,<br />
durch einen möglichst schmalen Spalt ein «Lichtband» beziehungsweise durch<br />
eine möglichst kleine Oeffnung einen «Lichtstrahi» durch das Prisma gehen zu<br />
lassen, wodurch dann auf dem auffangenden Schirm ein gewölbtes bandartiges<br />
beziehungsweise elliptisches Spektrum mit den <strong>Farben</strong> Rot·Gelb-Grün·Blau·Violett<br />
erscheint, mag von dem Leser in jedem Physikbuch genauer nachgeschaut werden.<br />
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