Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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Ziel in einer entscheidenden Weise erreicht sein. Zugleich ist <strong>der</strong> rein hypothetisch-unwirklichkeitsgemäßen<br />
Erklärung des Spektrums durch Newton<br />
und seine Schule eine solche entgegengestellt, die aus dem Wesen des<br />
Lichtes und <strong>der</strong> Finsternis selbst gewonnen ist. Sie ist ohne hypothetische<br />
Vorstellungen unmittelbar aus den Phänomenen selbst abgelesen. Sie stellt<br />
nichts an<strong>der</strong>es dar als die faktische Beschreibung dessen, was an Licht und<br />
Dunkelheit geschieht, wenn diese zum Zusammenwirken mit dem <strong>prismatischen</strong><br />
Körper genötigt sind.<br />
<strong>Farben</strong> sind Taten und Leiden des Lichtes, Behauptungen und Nie<strong>der</strong>lagen<br />
<strong>der</strong> Finsternis. - Der Halbschatten o<strong>der</strong> das Halblicht aber ist «<strong>der</strong><br />
Kunstgriff <strong>der</strong> Natur, um viel Leben zu haben», nämlich das über Licht<br />
und Finsternis als solche hinausreichende Leben <strong>der</strong> F arben_<br />
In welcher Hinsicht mußten wir nun aber die Goethesche Vorstellung<br />
von dem Haupt- und Nebenbild modifizieren, um ganz im Einklang mit<br />
<strong>der</strong> Natur zu verbleiben? Im Grunde nur dahingehend, daß anstelle eines<br />
nur statischen Uebereinan<strong>der</strong>greifens dieser beiden Bil<strong>der</strong> an den Hell<br />
Dunkel-Rän<strong>der</strong>n dort zwei Hell-Dunkel-Prozesse dynamisch übereinan<strong>der</strong>greifen.<br />
Ein Licht- o<strong>der</strong> Dunkelheitshintergrund (<strong>der</strong> somit anstelle des<br />
Hauptbildes tritt!) wirkt mit je einem Halbschatten- bzw. Halblichtflor in<br />
den Randbezirken zusammen (statt des Nebenbildes !), und aus diesem<br />
sich überdies bei<strong>der</strong>seits gegen die Dunkelheit hin steigernden Prozeß entstehen<br />
die polaren Formierungen des Farbigen. Gelb und Rot da, wo Dunkelheit<br />
in das Licht finstert, dieses zu höchstem Wi<strong>der</strong>stand und Aktivität<br />
aufrufend; Violett und Blau da, wo Helligkeit in die Finsternis strahlt,<br />
diese zu höchstem Wi<strong>der</strong>stand und Selbstbehauptung aufrufend. Wir sehen<br />
also, daß Goethe im Prinzipiellen, in <strong>der</strong> Richtung, in welcher er die Erklärung<br />
suchte, durchaus auf dem rechten Wege war und daß es nur einer<br />
noch intimeren und konsequenteren Anwendung seiner eigenen Methodik<br />
bedurfte, um auch hier die restlose Auflösung <strong>der</strong> Erscheinungen auf das<br />
Urphänomen hin zu gewährleisten. Sein Haupt- und Nebenbild wirken wie<br />
Gerüstvorstellungen, die zunächst nützlich, ja notwendig sein können, die<br />
aber entbehrlich werden, wenn man den Bau selbst aus den Materialien des<br />
Lichtes, <strong>der</strong> Finsternis und <strong>der</strong> zweiseitig wirksamen Trübe errichtet.<br />
Wie im Zusammenwirken dieser Dreiheit sich die Erscheinung <strong>der</strong> <strong>prismatischen</strong><br />
<strong>Farben</strong> ergibt, das hat nun aber auch Rudolf Steiner in dem vor<br />
den ersten Waldorflehrern gehaltenen «Lichtkurs» in sehr eindringlicher<br />
Weise darzustellen versucht. Und es soll daher auch darauf noch etwas<br />
näher eingegangen werden, um zugleich zu zeigen, wie das dort Gesagte,<br />
wenn man es nur ganz sachlich genau nimmt, durchaus im vollen Einklang<br />
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