Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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«Nuguets Ansicht deckt sich mit <strong>der</strong> Goetheschen nicht ganz, insofern jener die<br />
Ansicht von den Doppelbil<strong>der</strong>n 65 nicht hat. Allein es ist dies gerade <strong>der</strong> Punkt, wo die<br />
Goethesche <strong>Farben</strong>lehre einer wesentlichen Ergänzung und Verbesserung bedar/. 66 »<br />
Auch Proskauer 67 bemerkt mit Recht hierzu: «Nicht das flächenhafte<br />
Uebereinan<strong>der</strong>schieben von Haupt- und Nebenbild ist hier ausreichend,<br />
auch nicht das Uebereinan<strong>der</strong>treten von Licht- und Schattenkörpern hinter<br />
dem Prisma, son<strong>der</strong>n wir haben die <strong>Farben</strong> schon in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
des Lichtes mit dem keilförmigen Glas o<strong>der</strong> Wasser zu suchen,<br />
das dem Lichte gegenüber Dunkelheit (Materialität) ist,68 in dem ja, wie<br />
auch Goethe bemerkte, schon gleich nach Eintritt des Lichtes ins Prisma<br />
die <strong>Farben</strong> entstehen.» Und er meint dann: «Hier wäre noch eine exakte<br />
Arbeit über das Wie <strong>der</strong> Vorgänge im Prisma zu leisten» und verweist für<br />
die Grundlagen zu einer solchen Arbeit auf die Ausführungen Rudolf<br />
Steiners im «Lichtkurs» vor den Waldorflehrern 1919 in Stuttgart sowie<br />
auf an<strong>der</strong>e Autoren.<br />
In <strong>der</strong> Tat ist Goethes Anschauung in diesem Punkte vor allem aus<br />
zwei Gründen nicht befriedigend. Erstens ist nirgends ein strenger Nachweis<br />
zu führen, daß, wie bei <strong>der</strong> Spiegelung, auch hier bei <strong>der</strong> «Lichtabbiegung»<br />
(Bildverrückung), wirklich Doppelbil<strong>der</strong> entstehen; am allerwenigsten<br />
ist dies plausibel zu machen beim «objektiven» Versuch, wo also<br />
das Licht selbst, durch das Prisma gehend, die farbigen Rän<strong>der</strong> und<br />
Säume bzw. das ganze Spektrum auf dem Schirme entstehen läßt. Zweitens<br />
aber würden Doppelbil<strong>der</strong>, das heißt aber ein Haupt- und Nebenbild, doch<br />
so zusammen wirken, daß im Grunde jeweils nur ein Farbton und zwar<br />
gleichmäßig über die ganze Fläche des Uebergreifens <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> verteilt,<br />
entstehen würde und nicht, wie es in Wirklichkeit <strong>der</strong> Fall ist, jeweils zwei<br />
deutlich verschiedene Farbtöne mit sukzessiven Farbübergängen! Das<br />
im Goetheschen Sinne einer Steigerung entsprechende Anwachsen des Gelh<br />
zum Rot und des Blau zum Violett würde durch solche sich statisch überlagernde<br />
Bil<strong>der</strong> bzw. Licht-Schattenräume nicht auftreten können. Ja, man<br />
müßte schon eine unendliche Folge solcher Bil<strong>der</strong> in graduell sich abschwächen<strong>der</strong><br />
Form annehmen, um dem gesehenen Phänomen irgendwie<br />
adäquat zu bleiben. Das aber würde die Vorstellung des (im übrigen nicht<br />
einmal nachweisbaren!) Nebenbildes doch zu sehr strapazieren, so daß<br />
<strong>der</strong>en Inhalt geradezu wie<strong>der</strong> aufgehoben würde. Es kann also nicht befriedigen,<br />
diese Vorstellungsinhalte zur Erklärung <strong>der</strong> <strong>prismatischen</strong> <strong>Farben</strong><br />
anzuführen. Wir müssen tiefer in den Werdeprozeß <strong>der</strong> dabei waltenden<br />
Vorgänge uns hineinfinden, um das Wirken des Urphänomenalen zu<br />
entdecken. 69 Goethes Vorstellungen können hier eine gedankliche Hilfe<br />
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