Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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wendrigen Hintergrund für das Wirksamwerden des Trüben. Die Farb·<br />
entstehung selbst aber ist ein Prozeß, <strong>der</strong> mit mathematischen V orstellungen<br />
allein nicht faßbar ist. Denn erst ein dynamisches, nicht nur statisches<br />
Zusammenspiel des Halbschattenhaften, Trüben, mit dem polar gestalteten<br />
Hintergrund aus Licht o<strong>der</strong> Finsternis führt zum Farbigen. Die mit dem<br />
Snellius-Gesetz erfaßbaren Tatbestände führen nur zur «Inkarnationsmöglichkeit»<br />
<strong>der</strong> Farbe; diese selbst ist ein Höheres, welches dann zur realen<br />
V,erkörperung gelangt, wenn ihm durch Vorgänge, die als solche mathematisch<br />
beschrieben werden können, gleichsam die äußeren, nie<strong>der</strong>eren<br />
Existenzbedingungen dargereicht werden. Diese sind gleichsam die physische<br />
Leiblichkeit <strong>der</strong> Farbe, die Farbe selbst können wir als ein höherstehendes<br />
Qualitaliiv-Aetherisches ansehen. Damit aber haben wir genau<br />
auch die Grenze erfaßt, bis zu <strong>der</strong> ein Quantitativ-mathematisch-Geometrisches<br />
führt und wo - auf dem Untergrund desselben - ein höheres Qualitatives<br />
seinen Einzug in die Wirklichkeitswelt vollzieht. Dieser Vorgang<br />
aber ist es zugleich, <strong>der</strong> Goethe zu den Worten ver anlaßt, daß wir den Urphänomenen,<br />
des Farbigen vor allem, mit einem Gefühl des Schau<strong>der</strong>ns<br />
gegenübertreten:<br />
«Das unmittelbare Gewahrwerden <strong>der</strong> Urphänomene versetzt uns in eine Art von<br />
Angst: wir fühlen unsere Unzulänglichkeit; nur durch das ewige Spiel <strong>der</strong> Empirie<br />
erfreuen sie uns.»<br />
Das wahre Ergreifen des Farbig·en aber bedeutet das Durchstoßen<br />
einer nur quanliitativ-mechanisch-mathematisch gehaltenen Naturwissenschaft,<br />
es stößt das Tor auf für die Welt <strong>der</strong> qualitativen Naturwissenschaft,<br />
<strong>der</strong>en Geburtsstunde wir, wenn nicht alle Zeichen trügen, in <strong>der</strong> Gegenwart<br />
erleben.<br />
Im letzten Abschnitt wollen wir das schon Gewonnene bis zum vollen<br />
V.erständnis <strong>der</strong> <strong>prismatischen</strong> Vorgänge weiterführen und so die eingangs<br />
gestellte Aufgabe auch dafür noch zu lösen versuchen.<br />
62 An dieser Stelle sei nochmals klar formuliert, was eine sich selbst richtig verstehende<br />
Wissenschaft in diesen Bereichen <strong>der</strong> Licht- und Farhenlehre nur unter «subjektiven»<br />
und «objektiven» Versuchen verstehen kann. Goethe drückt das außerordentlich<br />
klar aus: «Objektive nenne ich diejenigen, wo das brechende Mittel sich nicht<br />
zwischen <strong>der</strong> Erscheinung und dem Beobachter findet, z. B. wenn wir das Sonnenlicht<br />
durch das Prisma fallen lassen und das farbige Bild an <strong>der</strong> Wand erblicken.» -<br />
«Subjektive nenne ich, wenn das brechende Mittel zwischen <strong>der</strong> Erscheinung und<br />
dem Auge des Beobachters sich befindet, z. B. wenn wir ein Prisma vor die Augen<br />
halten und schwarze und weiße Tafeln dadurch betrachten und die Ordnung <strong>der</strong><br />
<strong>Farben</strong>erscheinung an selbigen wahrnehmen.»<br />
63 Siehe die im Folgenden angeführten Fußnoten Rudolf Steiners bei <strong>der</strong> Herausgabe<br />
von «Goethes naturwissenschaftlichen Schriften»: Fig. 7.<br />
64 Ebenda, aber Fig. 8 (beide Figuren etwas übersichtlicher neu gezeichnet).<br />
65 Gemeint sind hier eigentlich streng genommen das Haupt- und Nebenbild.<br />
66 Vom Verfasser hervorgehoben.<br />
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