Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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An Frau von Stein aber schrieb er nach Vollendung seiner «<strong>Farben</strong>lehre»<br />
über seine Beobachtungen auf diesem Naturgebiet:<br />
«Es reut mich nicht, ihnen soviel Zeit aufgeopfert zu haben. Ich bin dadurch zu<br />
einer Kultur gelangt, die ich mir von einer an<strong>der</strong>en Seite schwerlich verschafft hätte.»<br />
Diese Aussprüche mögen zur Genüge bezeugen, wie hoch Goethe die<br />
Beschäftigung mit diesen Erkenntnisfragen bewertete. Was somit Goethe in<br />
so außerordentlichem Maße bewegte, es könnte sehr wohl auch für heutige<br />
Menschen - gerade nach dem Aufsehen, das Lands Versuche hervorriefen -<br />
ein Grund mehr sein, diesen Fragen erneut Einlaß in ihre Seele zu gewähren.<br />
Und es könnte sich dann vielleicht die Ueberzeugung Goethes auch in<br />
ihnen befestigen, daß ein in <strong>der</strong> Denkweise Newtoits schon tief eingewurzelter<br />
Irrtum sich bis zum heutigen Tage tradiert habe. Ja, es könnte daraus<br />
die Anstrengung hervorgehen, auch auf diesem Gebiete sich zu fragen,<br />
ob es nicht notwendig sei, seine ganze Denkweise zu än<strong>der</strong>n, um den wahren<br />
Charakter <strong>der</strong> Farberscheinungen wirklich zu ergreifen und zu verstehen_<br />
Sagt doch <strong>der</strong>selbe Berichterstatter auch noch die folgenden Sätze:<br />
«Wir sind eben vom Kin<strong>der</strong>garten an so ·unterrichtet worden, daß rot, orange,<br />
gelb, grün, blau, indigo, violett 10 eine tiefgehende Unverän<strong>der</strong>lichkeit an sich haben.<br />
Ohne daß wir so recht gewahr werden, daß unser Wissen sich ableitet von den vor<br />
nahezu 300 Jahren gemachten Experimenten Newtons glauben wir, daß rot und jede<br />
an<strong>der</strong>e Farbe eine charakteristische Wellenlänge habe und daß ohne das Vorhandensein<br />
dieser meßbaren Wellenlänge das Auge die Farbe rot nicht sehen könne und so<br />
bei je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Farbe.» 11<br />
Und nun soll - nach den Landschen Experimenten - diese eindeutige<br />
Zuordnung von Farbe und Wellenlänge im Sinne Newtons plötzlich nicht<br />
mehr gelten? . _. Man sieht, daß hier von dem Zeitgeiste zu einer gründlichen<br />
Erkenntnisselbstbesinnung auf diesem Tatsachengebiete <strong>der</strong> Welt<br />
aufgerufen wird_ .-<br />
Aber noch ein An<strong>der</strong>es trat im lahre 1961 als ein bedeutsames geistiges<br />
Selbstzeugnis <strong>der</strong> Physik vor die Oeffentlichkeit. Es sind die hochbedeutsamen<br />
Ausführungen, welche Prof. W_ Heitler in seinem Buche:<br />
«Der Mensch und die naturwissenschaftliche Erkenntnis» von dem Wesen<br />
<strong>der</strong> heutigen Erkenntnisart selbst entwirft. Um aber das dort Ausgesprochene<br />
richtig zu bewerten, muß man wissen, daß die heutige Wissenschaft<br />
im Grunde noch immer auf <strong>der</strong> von lohannes Müller aufgestellten Lehre<br />
von den spezifischen Sinncsenergien und den daraus gezogenen Folgerungen<br />
von <strong>der</strong> Subjektivität aller Sinnesempfindungen beruht. Angewendet<br />
auf das Gebiet <strong>der</strong> Farbe bedeutet diese aber, daß die (nach Lands Versuchen<br />
so fraglich gewordene) Wellenlänge einer Farbe das einzig Wirkliche<br />
an dem Farbvorgang sein soll, während alles an<strong>der</strong>e, was die Seele als<br />
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