Gerhard Ott: Zur Entstehung der prismatischen ... - Farben-Welten
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Ohne daß wir die Trübe gegenüber einer starken Helligkeit nicht als<br />
Dunkelheit zu erleben vermögen, an<strong>der</strong>erseits gegenüber einer starken<br />
Dunkelheit als Helligkeit, kommen wir dem dynamisch-qualitativen Prozeß<br />
<strong>der</strong> <strong>Farben</strong>tstehung nicht bei. Daß man di'e Vorstelhingsinhalte nicht<br />
nahe genug an <strong>der</strong> Wirklichkeit und innerlich beweglich genug gehalten<br />
hat, daran liegt es, daß das Wesen <strong>der</strong> Farbe bis heute den meisten Anschauungen<br />
sich ganz entzogen hat.<br />
Zugleich konnten wir aber erkennen, daß bereits die einfachste Bedingung,<br />
<strong>der</strong> s,ich das Licht gegenübergestellt slehen kann, <strong>der</strong> Uehergang<br />
von einem dünneren in ein dichteres Medium o<strong>der</strong> umgekehrt, an den Randbezirken<br />
zur <strong>Entstehung</strong> des Farbigen führt. Nicht erst eines beson<strong>der</strong>s<br />
gestalteten MitteLs wie <strong>der</strong> Linse o<strong>der</strong> des Prismas bedarf es, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
einfache Uebergang von einem Mittel in ein an<strong>der</strong>es längs einer geraden<br />
Trennfläche läßt bereits das Farbige entstehen. Und zwar in durchaus pola,rer<br />
Art, wie bei den beschriebenen Urversuchen Goethes, entsteht das<br />
Farbige in Rot-Gelb einerseits, Blau-Violett an<strong>der</strong>erseits. Das kontinuierliche<br />
Spektrum ist auch hier nicht das primäre, son<strong>der</strong>n primär sind die<br />
polaren «Kantenspektren», wie man sie auch genannt hat. Das muß gleichfalls<br />
als eine fundamentale Tatsache g·ewertet werden.<br />
Aus <strong>der</strong> mit dem Snellius-Gesetz mathematisch erfaßbaren Aen<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Ausbreitungsart eines Lichtkörpel1sergibt sich also im einfachsten<br />
F alle stets dreierlei:<br />
1. die Aen<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Licht-Schattengrenzen bzw. Lichtrichtungen, «Brechung»<br />
genannt<br />
2. das nicht mehr Konvergieren <strong>der</strong> neuen Lichtrichtungen in einem<br />
Punkte (Leuchtkörper trichterförmiger Art)<br />
3. die verschiedene Verteilung <strong>der</strong> Licht- bzw. Finsternisintensität an den<br />
Randzonen je nach Art <strong>der</strong> Lichtkegelverän<strong>der</strong>ung.<br />
Die erste Tatsache führt zur einfachen Ortsverän<strong>der</strong>ung des von dem<br />
Lichtkegel hervorgerufenen Bildes (Ort <strong>der</strong> Bildverrückung).<br />
Die zweite Tatsache führt zur Unschärfe <strong>der</strong> Licht-Schattengrenzen des<br />
verrückten Bildes (Eigenart <strong>der</strong> Bildverrückung).<br />
Die dritte Tatsache bedeutet eine innerliche Differenzierung des Lichtkegels,<br />
die beson<strong>der</strong>s in den Randbezirken desselben in Erscheinung tritt.<br />
Alle drei Erscheinungen aber sind aufs engste miteinan<strong>der</strong> verwoben.<br />
Der Far'benentstehung gegenüber ist allerdings die erstere ohne Bedeutung,<br />
die zweite gibt die notwendigen <strong>Entstehung</strong>smäglichkeiten für das Herausbilden<br />
des Trüben als eines Halbschattenhaften, die dritte schafft den not·<br />
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