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Personalforschung an Hochschulen - Rainer Hampp Verlag

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410 <strong>Personalforschung</strong> <strong>an</strong> <strong>Hochschulen</strong> (ZfP 4/99)<br />

und Struktur wird aus Praktikabilitätsgründen in zwei Schritte aufgelöst. In einem ersten<br />

Schritt wird der strukturelle Kontext <strong>an</strong>alysiert. Zentrales Anliegen ist hierbei herauszufinden,<br />

welche strukturellen Bedingungen die vorgefundenen Sicht- und H<strong>an</strong>dlungsweisen<br />

ermöglichen bzw. behindern. Neben dem org<strong>an</strong>isationskulturellen H<strong>an</strong>dlungskontext<br />

der mittleren M<strong>an</strong>ager sind auch Strukturmerkmale der Verwaltungsorg<strong>an</strong>isation<br />

und des Beschäftigungsystems „öffentlicher Dienst“ von Bedeutung. In einem zweiten<br />

Schritt werden die konkreten Strategien, H<strong>an</strong>dlungsmuster und Sichtweisen der „mittleren<br />

M<strong>an</strong>ager“ vor dem Hintergrund der strukturellen „constraints“ dargestellt. Hier steht<br />

die Interaktion zu den Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kollegen im Analysefocus. Neben<br />

der Strukturationstheorie als metatheoretische Klammer werden u.a. informationsökonomische,<br />

neo-institutionalistische und mikropolitische Ansätze verwendet.<br />

Die empirische Basis der Arbeit bilden drei Intensivfallstudien, die zwischen Juni<br />

1995 und Februar 1996 in je einer niedersächsischen, nordrhein-westfälischen und hessischen<br />

Kreisverwaltung durchgeführt wurden. Die Datenerhebung erfolgte auf der Basis<br />

von 42 qualitativen Interviews. Interviewpartner waren 35 mittlere Führungskräfte<br />

(Amts- und Abteilungsleiter) und 7 Top- Führungskräfte (Dezernenten, L<strong>an</strong>dräte) aus<br />

den Funktionsbereichen Querschnitts-, Sozial-, Schul- und Ordnungsverwaltung.<br />

Im Rahmen der Untersuchung wird schnell deutlich, dass die juristische Selbstthematisierung<br />

des Interaktionssystems „öffentliche Verwaltung“ für eine reflektierte<br />

Betrachtung administrativer Reformprozesse viel zu kurz greift. Die Funktionsfähigkeit<br />

der öffentlichen Verwaltung beruht nicht nur auf hierarchischer Kontrolle, sondern auch<br />

auf der „Logik des Vertrauens“ (Meyer/Row<strong>an</strong>) und der Konkurrenz um Ressourcen.<br />

Ihre Strukturen und Regeln „bilden und steuern einen Markt der Verhaltensweisen“<br />

(Friedberg). Die Funktionslogik der Steuerungsstruktur ist nur unter Rekurs auf die politische<br />

Natur der sozialen Interaktion erkärbar. Letztere m<strong>an</strong>ifestiert sich u.a. in den<br />

H<strong>an</strong>dlungsstrategien des mittleren M<strong>an</strong>agements. Diese untergraben die Konventionen,<br />

Normen und Vorschriften, sobald sie entst<strong>an</strong>den sind. Disponible Gestaltungsmöglichkeiten<br />

für opportunistisches Verhalten etablieren sich. Jenseits aller Formalisierungen<br />

entwickeln sich situierte Praktiken, die auf eine „(Er-)Füllung und Ergänzung, im<br />

durchaus nicht seltenen Extrem der Ersetzung“ (Ortm<strong>an</strong>n) der Steuerungsstruktur zielen.<br />

Diese Logik der Ergänzung zeigt sich in der Zusammenarbeit der mittleren M<strong>an</strong>ager<br />

unterein<strong>an</strong>der, mit ihren Vorgesetzten und ihren Mitarbeitern. Ob Ressourcenverteilungsmodi,<br />

Beförderungsstatuten oder Führungsleitlinien, die org<strong>an</strong>isatorischen Regeln<br />

erfordern „geradezu eine abweichende Praxis – eine Praxis, die die Regeln mit Leben<br />

erfüllt, situationsgerecht <strong>an</strong>wendet, ... sie umgeht und unterläuft: jeweils so, wie die<br />

Umstände es gerade erfordern“ (Ortm<strong>an</strong>n). So enstehen m<strong>an</strong>agerielle Kompensationsgeschäfte,<br />

in denen geduldete Regelverletzungen gegen individuelle Leistungsbereitschaft<br />

eingetauscht wird. Dieses Vexierspiel um administrative Regel und Regelverletzung<br />

eröffnet dem mittleren M<strong>an</strong>agement m<strong>an</strong>nigfaltige Gestaltung- und Einflussmöglichkeiten,<br />

die im Zuge einer revidierten Steuerungslogik zur Disposition stehen. Dies<br />

aktiviert nicht nur auf der mittleren Führungsebene widersprüchliche Reaktionsmuster,<br />

die sich um die Pole Unterstützung und Widerst<strong>an</strong>d gruppieren. Sie stellt auch die „bürokratische“<br />

Regelungsstruktur in Frage, ohne dass die „Neue Steuerung“ hinlänglich

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