Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)
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lichkeit auf WLAN-Kameras<br />
aufmerksam“, sagt René<br />
Kiefer, Spezialist für Videosysteme<br />
beim Zentralverband<br />
Elektrotechnik-<br />
und Elektronikindustrie<br />
(ZVEI) und Referent für<br />
Sicherheitssysteme bei Siemens.<br />
Inzwischen gibt es die smarten<br />
Wächter nicht nur von klassischen Sicherheitstechnikanbietern,<br />
sondern auch von<br />
IT-Herstellern wie TP-Link oder Trendnet –<br />
und eben von Startups wie Canary. Sie alle<br />
rüsten die Kameras nun mit Bewegungssensoren,<br />
Geräuschmeldern und Nachtsichtfunktionen<br />
weiter auf. Vor allem die<br />
Bildqualität wird immer besser: Aktuelle<br />
Kameras liefern Bilder in fernsehreifer<br />
Full-HD-Qualität mit zwei Megapixeln. Die<br />
Lupus-Entwickler arbeiten sogar schon an<br />
Fünf-Megapixel-Modellen.<br />
Y-Cam Homemonitor<br />
Preis 264 Euro<br />
Funktion Kamera mit<br />
kostenlosem Sieben-<br />
Tage-Speicher im<br />
Internet<br />
Stark Kamera<br />
sichert bei Alarm<br />
zehn Sekunden<br />
Vorlauf mit<br />
Schwach Sehr<br />
geringer Blickwinkel<br />
(60/45 Grad horizontal/vertikal),<br />
nur VGA-<br />
Auflösung<br />
Doch der Leistungsschub hat eine Kehrseite:<br />
Die besseren Bilder benötigen auch<br />
immer schnellere Datenverbindungen,<br />
wenn die Aufnahmen im Netz gespeichert<br />
werden sollen, damit Einbrecher nicht kurzerhand<br />
mit der Kamera auch die Videospuren<br />
einsacken können.<br />
„Bei Videos in HD-Qualität kommt so<br />
manche Internet-Verbindung an ihre Grenzen“,<br />
sagt Marc Fliehe, Referent für IT-<br />
Sicherheit beim Branchenverband<br />
Bitkom. Und bei Kunden<br />
mit limitierten Online-Anschlüssen<br />
wie<br />
etwa den volumenbegrenzten<br />
Zugängen<br />
der Deutschen Telekom<br />
fressen die Kamerabilder<br />
außerdem wertvolles<br />
Datenguthaben auf.<br />
Lupusnet HD LE931<br />
Funktion Robuste Kamera für<br />
Innen- und Außengebrauch<br />
von –20 bis +50 Grad Celsius<br />
Stark HD-Bildauflösung,<br />
20 Meter Nachtsicht dank<br />
starker Infrarot-LED<br />
Schwach Eingeschränkter<br />
Schwenkbereich, relativ teuer<br />
Preis 459 Euro<br />
Doch Bilder und Videos immer und in<br />
Echtzeit online verfügbar zu haben, ist ohnehin<br />
ziemlich ineffizient. Die Hersteller<br />
setzen daher auf andere Aufnahmeund<br />
Speicherstrategien. Statt<br />
permanent live ins Netz zu<br />
senden, aktivieren sich die<br />
meisten Kameras erst,<br />
wenn der Bewegungssensor<br />
anspringt. Etwa wenn<br />
plötzlich jemand vor der<br />
Linse auftaucht, obwohl<br />
niemand im Haus sein sollte.<br />
„Dezentrale Intelligenz“,<br />
heißt das in der Branche. Selbst<br />
für den Störfall ist vorgesorgt: Bricht die<br />
Internet-Verbindung ab, legen viele Kameras<br />
die Bilder auf einem internen Speicher<br />
ab oder auf einer SD-Karte.<br />
Eine weitere potenzielle Schwachstelle<br />
ist ausgerechnet die Internet-Verbindung<br />
der Kameras, die ja erst den Echtzeit-Blick<br />
in die heimischen vier Wände ermöglicht.<br />
Anders als geschlossene, professionelle<br />
Alarmsysteme, die oft mit internen Rekordern<br />
arbeiten oder per Direktverbindung<br />
mit den Alarmzentralen der Sicherheitsdienste<br />
verbunden sind, sind viele Netzwerkkameras<br />
für den Hausgebrauch nur<br />
über Passwortabfragen und die Firewall<br />
des privaten Online-Zugangs vor unbefugten<br />
Zugriffen aus dem Netz geschützt.<br />
Und genau das macht sie anfälliger für<br />
Manipulation. Erst im August hatte etwa<br />
der Internet-Experte Craig Heffner auf der<br />
amerikanischen IT-Sicherheitskonferenz<br />
Abus TVIP71551<br />
Funktion Wetterfeste HD-Kamera<br />
mit Nachtsichtfunktion<br />
Stark 360 Grad schwenkbar mit<br />
vandalensicherem Schutzdeckel<br />
Schwach Smartphone-App bisher<br />
nur für Apples iOS verfügbar<br />
Preis 400 Euro<br />
TP Link<br />
Funktion Einsteigermodell<br />
mit Livevideo ins Web<br />
Stark Sehr niedriger Preis,<br />
sichere HTTPS-Verschlüsselung<br />
der Videoverbindung<br />
Schwach Niedrige VGA-Bildauflösung<br />
und kleiner Bildwinkel<br />
Preis 40 Euro<br />
„Black Hat“ vor gravierenden Sicherheitslücken<br />
bei vielen Netzwerkkameras gewarnt.<br />
Unter ihnen waren auch Modelle<br />
von Trendnet, D-Link und Cisco. Inzwischen<br />
beteuern die Unternehmen zwar, die<br />
Mängel behoben zu haben. Wie viele Nutzer<br />
ihre Kameras aber noch nicht nachgerüstet<br />
haben, verraten Spezialsuchmaschinen,<br />
die das Web systematisch nach vernetzten,<br />
ungeschützten Geräten durchforsten<br />
– <strong>vom</strong> Smartphone bis zur Kamera.<br />
Das Ergebnis ist für Privatleute und professionelle<br />
Anwender gleichermaßen peinlich.<br />
Denn allzu oft ermöglicht das Kameraauge<br />
nicht nur dem Betreiber den<br />
Blick in Wohnung, Büro oder Tiefgarage,<br />
sondern auch jedem mittelmäßig findigen<br />
Web-Surfer. Anbieter professioneller<br />
Schutztechnik warnen daher vor<br />
überzogenen Erwartungen an drahtlose<br />
Überwachungskameras. Sie seien kein Ersatz<br />
für komplexe Alarmanlagen, sondern<br />
nur der Einstieg in die Sicherheitstechnik.<br />
Nicht ganz so kritisch sieht das IT-Experte<br />
Kiefer <strong>vom</strong> ZVEI. Er glaubt an die Sicherheit<br />
der Kameras – wenn man sie entsprechend<br />
bedient. So müssten etwa die Übertragungen<br />
der Kamerabilder per HTTPS-<br />
Verschlüsselung ähnlich wie E-Mail-Verbindungen<br />
abgesichert sein. Zudem sollten<br />
die Nutzer den Kamerazugriff auf wenige<br />
Geräte begrenzen und keinesfalls die<br />
Standardpasswörter nutzen, sagt Kiefer.<br />
Auch wenn drahtlose Netzwerkkameras<br />
also keine völlige Sicherheit liefern können.<br />
Vielen privaten Haushalten bieten sie<br />
dennoch für wenig Geld ein deutliches<br />
Plus an Kontrolle. Nicht nur gegen Einbrüche<br />
übrigens: Dank seiner Sensoren warnt<br />
Adam Sagers digitaler Kanarienvogel unter<br />
anderem auch vor Rauch. Wie sein gefiederter<br />
Namensgeber, der früher Bergleute<br />
zur Flucht veranlasste, wenn er – <strong>vom</strong> Grubengas<br />
betäubt – von der Stange fiel.<br />
Der Canary dagegen überlebt und<br />
schlägt per Handy-App Alarm.<br />
n<br />
matthias streit | technik@wiwo.de<br />
WirtschaftsWoche <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 46 83<br />
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