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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)

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Politik&Weltwirtschaft<br />

BERLIN INTERN | Die große Koalition wird viel frisches<br />

Geld brauchen, will sie auch nur die Wünsche der<br />

Union unters Volk bringen. Die Genossen bieten den<br />

neuen Freunden gern Hilfe an. Von Henning Krumrey<br />

Roter Rat ist teuer<br />

FOTOS: WERNER SCHUERING FÜR WIRTSCHAFTSWOCHE, GETTY IMAGES<br />

Die führenden Koalitionsverhandler<br />

sind ungehalten. In den einzelnen<br />

Arbeitsgruppen würden<br />

<strong>Ausgabe</strong>pläne geschmiedet, die<br />

zig Milliarden Euro verschlängen. „Schluss<br />

mit Wünsch-dir-Was“, polterte CSU-Chef<br />

Horst Seehofer beim jüngsten Treffen der<br />

großen Leitungsrunde.<br />

Mit überbordender Hilfsbereitschaft treten<br />

da die Finanzexperten der SPD an ihre<br />

Kollegen von der Union heran. Sie haben<br />

aufgelistet, wo und wie viel Geld sich holen<br />

Was nicht passt, wird passend gemacht.<br />

Auch Fusionen will die SPD höher besteuern<br />

ließe – wenn man bloß die Steuerschraube<br />

bei den Unternehmen richtig anzöge. Das<br />

freundliche Angebot der Genossen zielt auf<br />

höchst knifflige Details, die die Masse der<br />

Bevölkerung weder versteht noch aufregt.<br />

Es gilt, aufs Kleingedruckte zu achten,<br />

denn in Winz-Schrift hat der Sozialdemokrat<br />

Lothar Binding 27 Steuererhöhungsvorschläge<br />

auf nur zwei DIN-A4-Blättern<br />

untergebracht, dazu 13 Regelungen, wie<br />

der Steuervollzug durch die Finanzämter<br />

strenger und bundesweit einheitlicher organisiert<br />

werden kann. Von den 27 Verschärfungen<br />

sind zwölf bereits genau beziffert;<br />

sie brächten dem Staat – <strong>vom</strong> Bund bis zu<br />

den Kommunen – ein Plus von 10,6 Milliarden<br />

Euro pro Jahr ein. Bei 15 Maßnahmen<br />

ist der fiskalische Erfolg noch unwägbar:<br />

„Mehreinnahmen: offen.“<br />

„Das ist eine Ideensammlung, wie man<br />

das Steuerrecht weiterentwickeln kann, unterhalb<br />

der ganz großen Themen wie Vermögensteuer,<br />

Erbschaftsteuer oder Neujustierung<br />

der Einkommensteuer“, sagt Autor<br />

Binding. Vereinfachen, Ausnahmen abschaffen<br />

und „Besteuerungslücken“ schließen,<br />

die erst in jüngerer Zeit ausgenutzt<br />

oder von Schwarz-Gelb aufgerissen wurden<br />

– so fasst der Mathematiker seine Liste zusammen.<br />

Manches habe die vorige große<br />

Koalition bloß nicht mehr ins Gesetzblatt gebracht.<br />

Aber in seiner Liste gäbe es „keine<br />

dicken Gemeinheiten“, und „da wir die großen<br />

Themen nicht anpacken, sind folglich<br />

die anderen Dinge harmlos“, spielt er die<br />

Belastung der Unternehmen herunter.<br />

Senkung der Absetzbarkeit von Firmenwagen<br />

und hoher Managergehälter,<br />

Abschaffung der steuerbefreienden Spekulationsfrist<br />

für Grundstücke und Einschränkung<br />

des Gewinnvortrags – das sind leicht<br />

eingängige Vorschläge. Aber es gibt auch<br />

Spezialitäten für steuerpolitische Feinschmecker<br />

wie den „Wegfall der steuerlichen<br />

Vergünstigungen für Initiatorenvergütungen<br />

von vermögensverwaltenden<br />

Private-Equity-Fonds“. Eine Volksbewegung<br />

gegen diese 120-Millionen-Euro-Einnahme<br />

kann niemand organisieren.<br />

Und Binding könnte noch nachlegen:<br />

„Das war keine vollständige Liste – wir haben<br />

noch mehr Ideen.“ Sein Traum wäre es,<br />

möglichst viel direkt in die Koalitionsvereinbarung<br />

zu schreiben, denn das Beispiel der<br />

christliberalen Koalition mahne, „was nicht<br />

klar vereinbart ist, geht später schief“.<br />

Als Binding in einer Untergruppe der Finanz-AG<br />

sein Inkassokonzept vorlegte, war<br />

die Reaktion der Unions-Leute verhalten,<br />

aber nicht brüsk ablehnend. Man wolle sich<br />

das mal ansehen, lautete die Antwort der<br />

künftigen Geschäftspartner. Intern freilich<br />

finden sie die Vorschläge erst mal gruselig.<br />

Die Fleißarbeit der Genossen wird allerdings<br />

nicht vergeblich gewesen sein. Sie<br />

brauchen die Vorschläge nur auf den Stapel<br />

„Wiedervorlage“ zu packen. Sobald die<br />

Konjunktur ein wenig schwächelt, die Rekordbeschäftigung<br />

in Deutschland wieder<br />

einbricht, fehlt Geld in Staatshaushalt und<br />

Sozialkassen, um all die teuren Wünsche zu<br />

bezahlen, die auch die Union jetzt auftischt.<br />

Dann werden die schwarzen Finanzpolitiker<br />

vermutlich dankbar sein, dass die Genossen<br />

schon so eifrig vorgearbeitet haben.<br />

WirtschaftsWoche <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<strong>2013</strong> Nr. 46 43<br />

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