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Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)

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Unternehmen&Märkte<br />

Kundschaft gesucht<br />

Der Flughafen Hahn hat<br />

40 Prozent seines<br />

Verkehrs verloren<br />

Hoffnungslos<br />

am Hunsrück<br />

FLUGHAFEN HAHN | 20 Jahre nach seiner Eröffnung droht dem<br />

deutschen Billigflug-Mekka das Aus.<br />

Nach einer wochenlangen Diskussion<br />

um die Zukunft seines Unternehmens<br />

platzte Johannes Endler<br />

der Kragen. „Die Liquidität des Unternehmens<br />

ist gesichert. Der eingeleitete Umstrukturierungsprozess<br />

ist auf einem guten<br />

Weg“, stellte der Aufsichtsratschef des Flughafens<br />

Hahn vor einem Jahr in einer Presseerklärung<br />

fest.<br />

Das war voreilig. Tatsächlich droht das<br />

Aus für den offiziell Flughafen Frankfurt-<br />

Hahn GmbH (FFHG) genannten Airport,<br />

der – entgegen seinem Namen – auf etwa<br />

halber Strecke zwischen Frankfurt und Luxemburg<br />

liegt. In einem „Schlussbericht“<br />

genannten Brandbrief an die Aktionäre<br />

Rheinland-Pfalz (82,5 Prozent) und Hessen<br />

(17,5 Prozent) prophezeite jüngst die<br />

Geschäftsführung bis 2017 Verluste von<br />

mehr als zehn Millionen Euro pro Jahr – bei<br />

gerade mal rund 50 Millionen Euro Umsatz.<br />

Hinzu kommt trotz einer Geldspritze<br />

der rot-grünen Landesregierung in Mainz<br />

im Frühjahr über 82 Millionen spätestens<br />

in 2017 eine „Liquiditätslücke“ von rund 35<br />

Millionen Euro. „Damit ist das Geschäftsmodell<br />

der FFHG nicht zukunftsfähig“, urteilt<br />

die Geschäftsführung.<br />

FATALER FOKUS AUF BILLIG<br />

Für die Hoffnungslosigkeit am Hunsrück<br />

sorgen die aktuellen Verkehrszahlen. Der<br />

1999 als Deutschlands erster Billigairport<br />

gestartete Flughafen wird <strong>2013</strong> wohl gut<br />

zehn Prozent weniger Passagiere und 20<br />

Prozent weniger Fracht abfertigen als 2012.<br />

Im Vergleich zu den Rekordjahren 2007<br />

und 20<strong>11</strong> summiert sich das Minus gar auf<br />

rund 40 Prozent und sorgt für einen Rekordverlust<br />

von 20 Millionen Euro.<br />

Bisher war dies kein Problem. In den 19<br />

Jahren seit der Eröffnung haben die Länder<br />

die Verluste – wenn auch murrend – getragen,<br />

weil der Flughafen für immerhin 3000<br />

Arbeitsplätze in der strukturschwachen<br />

Mitte von Rheinland-Pfalz sorgt. „Wir haben<br />

nicht nur die Jobs ersetzt, die beim Abzug<br />

der Amerikaner <strong>vom</strong> alten Fliegerhorst<br />

weggefallen sind, sondern auch die durch<br />

den Abbau anderer Industriezweige wie<br />

der Möbelindustrie verlorenen Arbeitsplätze“,<br />

sagt Markus Bunk, seit Mitte Oktober<br />

zweiter Geschäftsführer der FFHG.<br />

Jetzt, im 20. Jahr, ist mit den Blankoschecks<br />

der Bundesländer Schluss. „Die zu<br />

erwartenden Vorschriften der EU zu öffentlichen<br />

Beihilfen lassen dies in der gewohnten<br />

Form nicht mehr zu“, sagt Bunk.<br />

Für die Flugbranche ist das ein Schock.<br />

Zwar hat in Deutschland außer gut einer<br />

Handvoll großer Airports kein Flughafen je<br />

richtig Geld verdient. „Doch Hahn hat mit<br />

seiner Wachstumsgeschichte anderen Regionalflughäfen<br />

Mut gemacht, dass es<br />

langfristig auch ein sich selbst tragendes<br />

Konzept geben kann“, sagt René Steinhaus<br />

von der Beratung A.T. Kearney in Berlin.<br />

Für die aktuelle Flughafenführung rührt<br />

die Misere vor allem aus der Krise der Flugbranche.<br />

Die schwache Konjunktur und<br />

hohe Spritpreise haben den langen Billigboom<br />

gestoppt. Doch das sieht Alexander<br />

Tamdjidi, Luftfahrtspezialist der Beratung<br />

PA Consulting Group in Frankfurt, anders:<br />

„Der Strukturwandel hat letztlich nur die<br />

Schwächen des Geschäftsmodells verstärkt<br />

und die aktuelle Abwärtsspirale gestartet.“<br />

Denn Hahn konzentriert sich vor allem<br />

auf Billigfluglinien wie Ryanair. Das brachte<br />

zwar Wachstum, aber kein Geld. Die Iren<br />

zahlen laut Insidern bestenfalls drei Euro<br />

pro abfliegenden Passagier. „Tatsächlich<br />

braucht ein Flughafen mindestens 15 Euro,<br />

um seine Kosten zu decken“, sagt Michael<br />

Garvens, Chef des Flughafens Köln/Bonn.<br />

Die Lücke konnte Hahn im Gegensatz zu<br />

größeren Airports kaum durch Nebengeschäfte<br />

schließen. Die Hoffnung auf Mehreinnahmen<br />

aus Läden am Flughafen<br />

scheiterten unter anderem daran, dass<br />

die Iren kein zweites Handgepäckstück wie<br />

Duty-free-Tüten an Bord zuließen.<br />

Dazu schreckte die starke Stellung von<br />

Ryanair andere Linien ab. „Nur wer wie die<br />

ungarische Wizzair vor allem Strecken<br />

nach Osteuropa anbot, war geduldet“, sagt<br />

ein Branchenkenner. „Wer wie Ryanair ans<br />

Mittelmeer fliegen wollte, bekam von denen<br />

das Signal, wir beißen euch weg.“<br />

FOTO: LAIF/THEODOR BARTH<br />

66 Nr. 46 <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.<strong>2013</strong> WirtschaftsWoche<br />

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