Wirtschaftswoche Ausgabe vom 2013-11-11 (Vorschau)
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Geld&Börse | Steuern und Recht<br />
ELEKTROFAHRRÄDER<br />
Verschiedene<br />
Pegel<br />
MIETWOHNUNG<br />
Farbe abwischen<br />
Wer eine Wohnung grellbunt streicht, muss beim Auszug renovieren oder zahlen.<br />
Für die einen sind kräftig rot, blau oder gelb gestrichene<br />
Räume ein Ausdruck von Lebensfreude,<br />
für die anderen eine Beleidigung für die Augen.<br />
Dieser Konflikt brachte einen Vermieter und<br />
seine Ex-Mieter jetzt vor den Bundesgerichtshof.<br />
Der Vermieter hatte seine Doppelhaushälfte<br />
dem Ehepaar Anfang 2007 frisch renoviert und<br />
mit weiß getünchten Wänden übergeben. Die<br />
hielten die offenbar für zu eintönig und steril und<br />
verschönerten die Zimmer des Hauses kurzerhand<br />
mit grellen Farben. Als sie nach zweieinhalb<br />
Jahren auszogen, traf den Vermieter angesichts<br />
der Farbenpracht fast der Schlag. Er ließ erneut<br />
Maler anrücken, um Wände und Decken zweimal<br />
mit unaufdringlicher Farbe zu streichen, bevor er<br />
Mietinteressenten durch das Haus führen konnte.<br />
Die Handwerker kosteten ihn 3648 Euro, auf denen<br />
er aber nicht sitzen bleiben wollte.<br />
Einen Teil zog er den Ex-Mietern von der Kaution<br />
ab und verlangte auch die restlichen 1836 Euro<br />
von ihnen. Doch die bunten Vögel blieben stur<br />
und zahlten nicht. Damit kamen sie vor dem<br />
Bundesgerichtshof nicht durch. Dem Vermieter<br />
stünde Schadensersatz zu, meinten die Richter<br />
und verdonnerten die früheren Mieter zur Zahlung<br />
(VIII ZR 416/12). Sie hätten ein Haus hinterlassen,<br />
das in dem „ausgefallenen farblichen Zustand“<br />
von anderen nicht akzeptiert würde. Um<br />
neue Mieter zu finden, bliebe Vermietern nichts<br />
anderes übrig, als erneut zu renovieren. Und diese<br />
Kosten müsse der Mieter übernehmen – oder<br />
auf Farbe verzichten.<br />
Elektrofahrräder sind beliebt.<br />
Landen die Fahrer aber vor Gericht,<br />
gibt es manchmal technische<br />
Probleme. Nicht alle Richter<br />
sind sattelfest bei der<br />
Einordnung der Zweiräder in<br />
die Rubrik Kraftfahrzeug oder<br />
Fahrrad. Amtsrichter in Paderborn<br />
hatten einem 32-Jährigen,<br />
der mit 0,8 Promille Blutalkohol<br />
auf seinem Rad mit Motor erwischt<br />
wurde, zu einer Geldbuße<br />
von 750 Euro und einem<br />
dreimonatigen Fahrverbot verurteilt.<br />
Die Richter am Oberlandesgericht<br />
Hamm kassierten<br />
das Urteil (4 RBs 47/13) aber<br />
wieder und forderten die Kollegen<br />
auf, sich mit den technischen<br />
Details des Rades auseinanderzusetzen.<br />
Denn nicht<br />
jedes Zweirad mit Elektromotor<br />
fällt unter die 0,5-Promille-<br />
Grenze für Kraftfahrzeuge. Dazu<br />
gehören etwa die, die selbstständig<br />
mit einem Elektromotor<br />
fahren, ähnlich einem Mofa,<br />
und bei denen die Höchstgeschwindigkeit<br />
auf 25 Stundenkilometer<br />
gedrosselt wird.<br />
Läuft der Elektromotor aber<br />
nur mit, wenn der Radler auch<br />
in die Pedale tritt, handelt es<br />
sich um Pedelecs. Und die dürfen<br />
Radler auch noch mit 1,6<br />
Promille Alkohol im Blut fahren,<br />
ohne dass sie bei einer Kontrolle<br />
eine Strafe fürchten müssen.<br />
RECHT EINFACH | Friedhof<br />
Im November gedenkt man der<br />
Toten. Auch der Weg zur letzten<br />
Ruhe kann übers Gericht führen.<br />
§<br />
Flugasche. Ein Waldbesitzer<br />
aus Rheinland-Pfalz wollte<br />
nicht ins Grab. Nach seinem<br />
Ableben sollte seine Asche<br />
stattdessen in seinem geliebten<br />
Forst verstreut werden. Der für Bestattungen<br />
zuständige Landkreis<br />
lehnte mit Verweis auf den gesetzlichen<br />
„Friedhofszwang“ ab. Der<br />
Baum-Freund klagte und verlor.<br />
Das Bestattungsrecht sei mit der<br />
Verfassung vereinbar. Schließlich gebe<br />
es auch anonyme Bestattungen<br />
auf Friedhöfen oder Beisetzungen in<br />
extra ausgewiesenen „Friedwäldern“<br />
(Oberverwaltungsgericht Rheinland-<br />
Pfalz, 7 A 10005/12.OVG).<br />
Plattenbau. In Niedersachsen hatte<br />
ein Witwer keine Lust auf Grabpflege.<br />
Statt Veilchen und Erika sollten<br />
Marmorplatten die letzte Ruhestätte<br />
seiner verstorbenen Frau bedecken.<br />
Nachdem das Grab fertig war,<br />
schaltete sich die Gemeinde ein<br />
und verlangte, die Platten zu beseitigen,<br />
weil sie den „natürlichen Verwesungsprozess“<br />
um bis zu zehn<br />
Jahre verzögerten. Die Gerichte<br />
konnten dem Niedersachsen auch<br />
nicht helfen (Oberverwaltungsgericht<br />
Niedersachsen, 8 ME 125/10).<br />
Familienehre. Ein Schwabe erwarb<br />
von der Gemeinde das „Grabnutzungsrecht“<br />
fürs Grab seiner Eltern<br />
für 30 Jahre. Kurz danach tötete<br />
der Mann ein Familienmitglied<br />
und wanderte in den Knast. Die<br />
Schwester des Täters forderte<br />
die Stadtverwaltung auf, das<br />
Grabrecht auf sie umzuschreiben.<br />
Die Gemeinde sah sich dazu<br />
nicht in der Lage. Zu Recht, urteilten<br />
die Richter. Das Nutzungsrecht<br />
an Gräbern könne nur in<br />
Ausnahmefällen entzogen werden.<br />
„Fehlverhalten“ gegen<br />
Angehörige gehöre nicht dazu<br />
(Verwaltungsgericht Stuttgart,<br />
6 K 3723/07).<br />
FOTOS: GETTY IMAGES, MAURITIUS IMAGES/IMAGEBROKER<br />
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